1866 -
Leipzig
: Teubner
- Autor: Stoll, Heinrich Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Griechische Antike, Römische Antike
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Sechstes Buch.
einst sein großer Ahne Achilleus seinem Patroklos. Am 30. Mai
hatte er seinem Admiral Nearchos, der nach den Küsten Arabiens
ausziehen sollte, ein Abschiedsmahl gegeben. Nach Beendigung
desselben bat ihn der Thessaler Medios, einer seiner Freunde, an
einem kleinen Gelage bei ihm Theil zu nehmen. Alexander mochte
dem Freunde die Bitte nicht abschlagen; er war auch ein Freund
heiterer Geselligkeit, und saß gerne im Kreise vertrauter Männer
bis tief in die Nacht, ohne gerade am Trünke ein besonderes Ge-
fallen zu haben. Auch diesmal saß er bis gegen Morgen, und am
nächsten Abend kam er seinem Versprechen gemäß wieder. Tief in
der Nacht ging er unwohl nach Hause. Die vielen Gemüths-
bewegungen der letzten Zeit, die häufigen Gelage, Strapazen
mancher Art halten seinen Körper für eine Krankheit empfänglich
gemacht. Am 1. Juni erwachte er mit Fieber; aber er ließ sich
dadurch in seinen gewöhnlichen Beschäftigungen nicht stören, und
selbst, als er durch zunehmendes Unwohlsein auf's Lager gebannt
war, ließ er noch seine Befehlshaber vor sich kommen, und besprach
mit ihnen die Vorbereitungen zu dem in den nächsten Tagen zu
eröffnenden Feldzuge gegen Arabien. Mit jedem Tage wurde er
schwächer, und als am 7. Juni feine Feldherren zu ihm kamen, war
er sprachlos. Unter dem Heere verbreitete sich unterdessen die
Nachricht, der König sei gestorben, sein Tod werde aber von den
Leibwächtern verheimlicht. Die Makedonier drängten sich um das
Schloß und verlangten, daß man sie zu ihrem König einließe. Sie
gingen in langer Reihe Mann für Mann an dem Lager des Königs
vorbei, der sein Haupt ein wenig hob und Jedem die Hand reichte
oder mit den Augen zuwinkte. So nahmen die Krieger Abschied
von ihrem Führer und König. Am 11. Juni gegen Abend starb
Alexander, im Jahre 323 v. Chr., im 33. Jahre seines Lebens,
nachdem er 12 Jahre und 8 Monate König gewesen. Kaum hatte
er die ersten Grundlagen des großen Gebäudes, das er beabsichtigte,
gelegt; aber wenn auch das zusammeneroberte Reich sogleich wieder
zcrsiel, so war er doch in der Hand der Vorsehung^das erlesene