1866 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
England von Wilhelm dem Eroberer bis König Johann ohne Land. 209
König krönen lassen konnte. Einzelne Aufstände der angelsächsischen Be-
völkerung wurden von ihm blutig niedergeschlagen und gaben ihm nur
Gelegenheit, seine eiserne Herrschaft fester zu gründen. Er vertilgte fast
den ganzen angelsächsischen Adel und verthcilte an seine Krieger 60,215
königliche Lehen, führte ein strenges Lehenrecht ein, versuchte die Unter-
drückung der angelsächsischen Sprache, gab seinen Baronen die Gerichts-
barkeit über deren eigene Leute, ließ aber die von Alfred d. Gr. einge-
richteten Gemeindegerichte bestehen und verordnete, daß von diesen, sowie
von den Gerichten der Barone an die Grafschaftsgerichte appelliert wer-
den konnte, in welchen im Namen des Königs von einem Grafen oder
andern Herrn gerichtet wurde, der zugleich die Strafgelder für den Kö-
nig einzog. Der König wachte aber nicht bloß über seine Gerichtsherr-
lichkeit gegenüber den großen Vasallen, sondern er unterwarf dieselben
auch einer starken Besteuerung; so war der König Vormund jedes minder-
jährigen Lehenserben, wofür er die Einkünfte des Lehens bis zur Voll-
jährigkeit des Erben bezog; keine Lehenserbin durfte sich ohne königliche
Erlaubniß, die immer sehr theuer bezahlt werden mußte, verheirathen;
bei einem Wechsel des Lehens war eine hohe Tare zu entrichten; unter
dem Namen auxilium erhob der König eine Steuer, wenn einer seiner
Söhne zum Rilter geschlagen wurde, aber auch bei andern Gelegen-
heiten; endlich mußte die Befreiung von persönlichen Diensten mit schwe-
ren Opfern erkauft werden. Der König zog ferner das Einkommen
aller erledigten Bisthümer ein, erhob Zölle und Weggelder, eine Juden-
fteucr, Strafgelder, verhängte manche Konfiskationen, daher es nicht un-
glaublich ist, wenn Wilhelms I. Einkommen höher als das aller seiner
königlichen Zeitgenossen angegeben wird. Dadurch wurde es ihm und
feinen nächsten Nachfolgern möglich, ein stehendes Söldnerheer zu unter-
halten, das größtcntheils aus Niederländern geworben ward (Braban-
zonen); mit demselben wurden die Großen wie das gemeine Volk nieder-
gehalten und gebrandschatzt, wenn der König außerordentliche Kosten zu
bestreiten hatte. Diese Militärdespotie dauerte unter Wilhelm Ii. (1087
bis 1100), sowie unter Heinrich I. (1100—1135) fort, aber nach dessen
Tod verheerte ein bis 1154 dauernder Bürgerkrieg England.
Heinrich I. hinterließ nämlich nur eine Tochter Mathilde, welche als
kinderlose Wittwe Kaiser Heinrichs V. den Grafen Gottfried von Anjou
ehelichte, der von seiner Helmzier, einem Ginsterzweige (pianta ^en68ta),
den zufälligen Beinamen Plantagenet führte, mit welchem die Geschichte
das von ihm stammende stolze Herrschergeschlecht bezeichnet. Nach Hein-
richs 1. Tod wollte Mathilde die Rechte ihres Sohnes Heinrich geltend
machen, vermochte aber damit nicht durchzudringen, so lange Stephan I.,
Graf von Blois und Chartres, lebte, der als Schwager Heinrichs I. den
englischen Königsthron ansprach und behauptete.
Bumüller, Mittelalter.
14