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1. Geschichte des Mittelalters - S. 363

1866 - Freiburg im Breisgau : Herder
Das klassische Alterthum. 363 Das Klassische Älterthum. Um diese Zeit wurden auch die Schriften der alten Griechen gleich- sam wieder aufgefunden, insofern sie nämlich wieder der Gegenstand allgemeinen Studiums wurden. Vasko de Gama und Kolon entdeckten eine neue Welt und öffneten der Thätigkeit der christlichen Europäer einen neuen weiten Schauplatz; durch die Klassiker wurde der Zugang zu der alten vorchristlichen Welt wieder eröffnet. Den ersten Anstoß gaben ausgewanderte Griechen, z. B. Chrysoloras, der zur Zeit des Koncils in Konstanz starb, Laskaris, Argyropulos u. a., welche die Sprache ihrer Väter in Italien lehrten und Homer und Platon wieder bekannt machten. Die Werke der Alten wurden mit wahrer Begeisterung ausgenommen; man las und studierte eifrig, was diese Männer gedacht, gehofft und gethan hatten und erfrischte den Sinn an der großartigen Thätigkeit der Alten und ihrer herrlichen Sprache. So lebte das Sprachstudium von neuem auf, und damit die Wissenschaften, welche sich mit dem edelsten Erzeugnisse des menschlichen Geistes, der Sprache, beschäftigen, wodurch sie allein schon Bürgschaft für ihren Werth geben. Als Schwester gesellte sich die Alterthumskunde bei; Künstler, Hand- werker und Kriegsleute nutzten die neue Fundgrube, die der Fleiß der Philologen öffnete und baute; Redner, Dichter und Geschichtschreiber bildeten sich nach den Mustern, welche jene Völker hinterlassen haben; es begann gleichsam eine Wanderschaft in die alte Welt, die reiche Aus- beute in die Heimath mitbrachte. Hauptsitz dieser Studien war Italien, besonders Florenz und Rom; doch folgten Engländer und Franzosen eifrig nach, und vor allen andern Nationen die Deutschen. Es ist aber auch nicht zu leugnen, daß durch die Bekanntschaft mit den Klassikern die Gährung jener Zeit noch vermehrt wurde. Die po- litischen Kämpfe, in welche Päpste, Bischöfe, Aebte und Priester ver- wickelt wurden, die Gebrechen eines unruhigen und verdorbenen Zeit- alters hatten den Klerus uicht unberührt gelassen und vielfache Feind- seligkeit gegen denselben war bereits an der Tagesordnung; nun wurde durch die Klassiker ein neues Studium hervorgerufen, das der christlichen Schule bisher nicht angehörte, in vieler Beziehung mit derselben im Gegensätze war, und es darf uns daher nicht wundern, wenn die An- griffe gegen das scholastische Studium und gegen die Kirche selbst auf dem klassischen Boden ihr Hauptquartier aufschlugen. Man benutzte bald die Klassiker zum Angriffe auf die Kleriker, und was man selber gegen kirchliche Lehren und Institutionen nicht zu sagen sich getraut hätte, ließ man nun die alten Griechen und Römer sagen. Zudem wur- den dieselben mit einseitiger Bewunderung ausgenommen; man betrachtete sie als das Herrlichste, was je des Menschen Geist hervorgebracht hätte, und vergaß, daß sie einer Welt angehörten, die zuletzt an sich selbst ver-
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