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1. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 107

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
Der dreißigjährige Krieg. 107 die ausländischen Mächte nicht hoffen dursten, daß ein Kaiser, dem eine Hausmacht zu Gebote stand wie Ferdinand Ii., die Beraubung des deutschen Reichs und der mittelbar zu demselben gehörigen Länder unge- straft hingehen lassen werde, so konnten sich auch die protestantischen Für- sten in Deutschland nicht verhehlen, daß es mit der Säkularisation der katholischen Stifte ein Ende habe, wenn Ferdinand Ii. nicht wie Ru- dolf U. und Mathias beschäftigt würde. Dazu war alles vorbereitet; in den österreichischen Ländern waren Konföderationen unter den prote- stantischen Ständen organisiert, denen beträchtliche Geldmittel und Streit- kräfte zu Gebote standen, deßwegen nur geringer Hilfe vom Auslande her zu bedürfen schienen, uni Ferdinand Ii. vollständig im Schach zu halten. Er beschwor als designierter König von Böhmen den Majestäts- brief zu Prag den 19. Juni 1617, aber den protestantischen und utra- quistischen Böhmen war ein kräftiger Herrscher wie er der unliebste, denn sie waren durch Rudolf Ii. und Mathias anders gewöhnt. Böhmen und die andern slavisch-deutschen Länder, welche Habsburg als Herrn anerkannten, waren vollständig unterminiert, und es bedurfte nur eines Anlasses, daß die ganze Ladung aufflog. Es geschah bald; der Erz- bischof von Prag und der Abt von Braunau ließen zwei neue prote- stantische Kirchen in Klostergrab und Braunau niederreißen, und dazu hatten sie das volle Recht, indem es nach dem Majeftätsbriefe den protestantischen Unterthanen nicht erlaubt war, ohne die Bewilligung ihrer Herren Kirchen zu erbauen, welches Recht nur den Edelleuten auf ihren Gütern, den königlichen Städten und Bewohnern königlicher Güter zustand; allein was hatten sich die Böhmen nicht alles erlaubt! Die Stände reichten eine Klagschrift an Ferdinand ein, der ihnen keine be- friedigende Antwort gab, ebenso an Kaiser Mathias, der in Ungarn abwesend war. Die Defensoren versammelten trotz des kaiserlichen Ver- bots nur die protestantischen Stände in Prag und begaben sich — es waren fast ausschließlich adelige Herren, an ihrer Spitze der Graf Ma- thias von Thurn, — mit ihnen auf das Schloß zu den Ministern Martini; und Slawata, denen man einen Hauptantheil an Ferdi- nands Verfahren zuschrieb. Sie setzten den Ministern mit heftigen Wor- ten zu und warfen sie zuletzt nebst ihrem Schreiber Fabricins Platter zum Fenster hinaus, 28 Ellen hoch hinunter in den Schloßgraben; doch kam keiner um das Leben, was allgemein als ein Wunder angesehen wurde (23. Mai 1618). Die Böhmen entschuldigten ihre That damit, es sei dies alter Landesbrauch! Ihre späteren Anwälte sagen: „Gewalt besorgend wollte man der Gewalt zuvorkommen", ein Grundsatz, der, einmal giltig, den Unterthanen das Recht zu revolutionieren, den Fürsten aber das Recht zu unterdrücken einräumt, denn beide können immer, „Gewalt besorgend der Gewalt zuvorkommen wollen". Neben derartigem
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