1862 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Rußland von der Mongolenherrschaft bis auf Peter den Großen. 193
aus dem Hause Romanow, mütterlicherseits von Rurik stammend,
bewilligen müssen; überdieß mußte er den Polen Smolensk, Severien
und Tschernigow überlassen. Dessen Sohn Al er ei I. (1646—1676)
eroberte in dem polnischen Kriege 1667 Smolensk und Severien wieder
und zwang die Kosaken in der Ukraine zur Anerkennung der russischen
Oberherrlichkeit. Sein Sohn Feodor Iii. (1676—1682) vernichtete
die Geschlechtsregister, aus welchen die Bojaren ihre Ansprüche auf
Dienstrang herleiteten, und unterwarf sie der kaiserlichen Allgewalt. Ihm
folgte (1682) sein blödsinniger Bruder Iwan und als Mitregent der
designierte Thronerbe Peter, ein Sohn aus Alereis I. zweiter Ehe;
aber durch die Strelitzen, welche in Rußland die Rolle der Prätorianer
und Janitscharen spielten, bemächtigte sich Peters ältere Halbschwester-
Sophia der Gewalt. Allein schon in seinem siebenzehnten Jahre (1689)
wagte es Peter, das ihm entrissene Recht wieder mit Gewalt sich anzu-
eignen; cs gelang ihm und er sperrte seine Schwester in ein Kloster;
Iwan führte jedoch bis zu seinem Tode (1696) den Titel Zar. Durch
den Genfer Le Fort hatte Zar Peter als Prinz von der Kultur Eu-
ropas erfahren; in seinem Herzen wurde eine brennende Sehnsucht rege,
diese Kultur mit eigenen Augen zu schauen und sie nach Rußland zu
verpflanzen. So wenig es seinen Russen gefiel, beförderte er doch die
Einwanderung fremder, besonders deutscher Handwerker, um den Ge-
werbsfleiß in Rußland einheimisch zu machen, berief auch viele Seeleute
und Offiziere, die er zur Bildung einer geregelten Militärmacht zu be-
nutzen gedachte. Dann ging er auf Reisen, indem er sich einer Ge-
sandtschaft anschloß, die er an mehrere Höfe abgeschickt hatte (1697).
Aber er war erst bis Wien gekommen, als ein neuer Aufstand der Stre-
litzen, den die mit Peters Neuerungen unzufriedenen Großen erregt hat-
ten, ihn heimrief. Die Empörung wurde mit leichter Mühe unterdrückt
und die vornehmen und geringen Schuldigen gepfählt, gerädert, gehenkt,
geköpft, zu Tode geknutet oder verstümmelt, wobei der Zar an 84 per-
sönlich den Henkerdienst übte. Hierauf errichtete er statt der Strelitzen
eine reguläre Garde, einige Reiterregimenter, und ging dann wieder in
das Ausland. Er besuchte Deutschland, Holland, England und Frank-
reich; da sah er Fabriken, Ackerbau, Seehäfen und Kriegshecre. In
Holland arbeitete er als Zimmermann, erlernte den Schiffsbau und
zimmerte selbst ein kleines Haus in Saardam, das man den Reisenden
noch heute zeigt. Von seinen Erfahrungen machte er für Rußland den
besten Gebrauch. Er baute auf dem Don eine Kriegsflotte, errichtete ein
Heer nach europäischem Muster, das größtcntheils von deutschen Offi-
zieren kommandiert wurde, und fuhr fort Fremde nach Rußland zu zie-
hen, die seinen Landsleuten als Muster in den Künsten des Friedens
und Krieges dienen sollten. Durch strenge Gesetze wollte er den Russen
Bumüller, Neue Zeit.