1862 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Ludwig Xv.
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nung des Bankkredits nochwendig zum Bankbruche führen müsse, so-
bald das Bedürfniß nach Metallgeld wieder fühlbar werde, hatten in
aller Stille zur rechten Zeit ihre Banknoten und Aktien versilbert, die
Unerfahreneren aber überraschte die Gefahr und verschlang ihr Ver-
mögen; viele tausend Familien wurden auf diese Weise arm, und Handel
und Gewerbe litten mehr durch diesen Ausgang der Bank, als sie wäh-
rend der Zeit ihres Kredits gewonnen hatten. Eine ähnliche Erfahrung
hat die nordamerikanische Republik vor nicht zwei Jahrzehnten durch die
maßlose Ausdehnung des Kredites ihrer Privatbanken gemacht; auch
diese gaben fünf- und zehnmal mehr Noten aus, als ihr Baarfond
betrug, und erzeugten dadurch einen Ueberfluß an Kapitalien, der den
Handel, Kanal- und Eisenbahnenbau und die Privatspekulationen un-
glaublich hob; als aber das Papier wieder Silber werden sollte, erfolgte
ein allgemeiner Bruch der Banken, der auch manches Vermögen in Eu-
ropa ruinierte.
Ludwig Xv. (1723-1774).
Der Prinzregent wurde seines Amtes satt und ließ Ludwig Xv.
bereits 1723 krönen. Dieser hatte aber wo möglich noch weniger Lust
am Regieren, obwohl es ihm an Verstand durchaus nicht fehlte. Im
Verlaufe der Geschichte haben wir Frankreich unter Ludwig Xv. im
polnischen Erbfolgekriege 1733 auftreten sehen; 1740 bekriegte es Maria
Theresia, und erwarb der Marschall von Sachsen in den Niederlanden
großen Kriegsruhm, aber für Frankreich keinen Gewinn im Frieden; im
siebenjährigen Kriege dagegen verloren die Franzosen ihre Waffenebre
und häuften ihre Staatsschulden; auch im Seekriege hatte es an Eng-
land verloren, obwohl die französischen Admirale rühmlicher fochten als
die Befehlshaber der Landheere. An allen diesen Begebenheiten nahm
Ludwig Xv. fast keinen Antheil; zu seinen königlichen Entschlüssen, die
über Krieg und Frieden, über Recht und Gesetz, über das Wohl und
Wehe von Millionen entschieden, wurde er durch Günstlinge oder durch
Mätressen bestimmt. Denn Ludwig lebte wie der verdorbenste Mero-
winger nur der Wollust, der Jagd und eitlem Treiben zur Abwehr der
Langweile; er druckte z. B. Bücher, kochte, ließ sich Schandgeschichten
erzählen u. s. w. Er führte Frankreich vollends zum Abgrund der Re-
volution durch Sittenlosigkeit und den finanziellen Ruin des Landes.
In seinen letzten Zeiten sagte der lasterhafte Greis manchmal: „nun,
ich komme schon noch durch, ich alter Mann, aber mein Enkel mag sich
in Acht nehmen." Er starb den 10. Mai 1774 an den Kinderblattern,
mit denen ihn ein Opfer seiner Wollust angesteckt hatte; Paris feierte
sein Begräbniß durch Pasquille und Spottlieder.