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1. Theil 3 - S. 122

1867 - Breslau : Max
122 Neue Geschichte. 1. Periode. England. bringer so betrübter Botschaft, wie ich jetzt überbringen muß, wenn ich in mein Vaterland zurückkehren und erzählen werde, daß ich meine gnädige Königin und Gebieterin in England ent- haupten sah?" Die Thränen erstickten seine fernere Rede. „Höre auf, getreuer Diener," antwortete Maria tief gerührt, „höre auf zu weinen. Freue dich vielmehr, daß nun Maria's Leiden sich enden. Sage meinen Unterthanen, daß ich, ohne in meiner Re< ligion zu wanken, und unverändert in meiner Ergebenheit für Frankreich und Schottland sterbe. Der Himmel verzeihe Denen, die meinen Tod verlangt, die nach meinem Blute gedürstet haben. Gott!" rief sie aus, „du weißt, wie sehr ich das gute Verneh- men zwischen Schottland und England gewünscht, wie sehr ich gewünscht habe, die Quellen so vieler Zwistigkeiten zu verstopfen. Melvil," fuhr sie ruhiger fort, „empsiehl mich meinem Sohne; sage ihm, daß ich, ungeachtet aller meiner Leiden, nichts gethan habe, was dem Staate und dem Königreiche Schottland Nachtheil bringen könnte." Bei diesen Worten rollten ihr Thränen aus den Augen; sie beugte sich über ihn und küßte ihn. „So lebe denn wohl, guter Melvil," setzte sie hinzu, „lebe wohl!" Noch ein- mal, lebe wohl, guter Melvil! Bete für deine Königin!" Sie bat darauf die Grafen, welche die Aufsicht bei der Hin- richtung hatten, dem Melvil, ihrem Arzte, ihrem Wundarzte und ihrem Apotheker zu erlauben, bei ihrem Tode gegenwärtig zu sein, „damit ihre Augen sähen und ihre Herzen zeugten, wie ge- duldig ihre Königin ihre Hinrichtung leiden könnte und wie standhaft sie in ihrer Anhänglichkeit an ihren Glauben beharrte". Aber der Graf von Kent war hart genug, es ihr abzuschlagen, unter dem Vorwände, diese Leute möchten durch Weinen und Geschrei die nöthige Stille unterbrechen; auch besorgte er, sie möchten abergläubische Gebräuche ausüben, etwa ihre Taschen- tücher in ihr Blut tauchen. „Mylord," sagte Maria mit sanftem Tone, „ich gebe Euch mein Wort, obschon es nur todt ist, daß sie keinen Vorwurf wegen einer der Handlungen verdienen sollen die Ihr genannt habt. Aber ach! die armen Seelen! Es würde ihnen ein großer Trost sein, ihrer Gebieterin Lebewohl zu sagen. Und ich hoffe," setzte sie hinzu, „Euere Gebieterin wird als ein§ jungfräuliche Königin in Betracht der weiblichen Sittsamkeit es gut heißen, daß ich bei meinem Tode einige meiner eigenen Leute um mich habe." Da aber dennoch Kent auf seiner Weigerung beharrte, erhob sich noch einmal ihr königliches Selbstgefühl; sie
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