1867 -
Breslau
: Max
- Autor: Nösselt, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 14
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Privatunterricht, Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
278 Neue Geschichte. 2. Periode. Rußland.
Hände davon bluteten, ein Tau drehen, und andere zwang er,
als sie auf der Anatomie vor einem Leichnam zurückschauderten,
die Sehnen mit den Zähnen abzulösen. Recht in den Tod zu-
wider war es ihm aber, wenn ihn die Leute wie ein Wunderthier
angafften. Manchmal standen sie in dicken Haufen vor seiner
Thüre, wenn sie wußten, daß er ausgehen würde. Dann kam
er entweder wohl gar nicht, oder es setzte tüchtige Püffe rechts
und links. Nach einer siebenwöchentlichen Arbeit kehrte er nach
Amsterdam zurück, und statt mit Zerstreuungen die Zeit zu tödten,
suchte er Gelehrte, Künstler und Handwerker auf, bei denen er
etwas lernen konnte, nahm auch viele davon in seine Dienste
und schickte sie nach Rußland. Dasselbe that er in England,
wohin er nun reiste. Selb'st Rattenfänger nahm er in seinen
Dienst, und als Ratten und Mäuse auf den russischen Schiffen
überhand nahmen, ließ er eine ganze Schiffsladung holländischer
Katzen nach Rußland kommen. Einen großen Genuß verschaffte
ihm iu England König Wilhelm, indem er vor ihm eine See-
schlacht aufführen ließ. „Wäre ich nicht zum Czaren des russischen
Reichs geboren," ries er einmal aus, „so möchte ich ein englischer
Admiral sein!" Drei Monate blieb er da. Als er auf der
Rückreise wieder über Holland ging und ihn hier bei einer s-einer
Wasserfahrten auf derzuyder-See (sprich Seuder-See) ein Sturm
überfiel, war er allein ganz unerschrocken. „Habt ihr denn je
gehört," sagte er zu den bebenden Schiffern, „daß ein russischer
Czar in Holland auf der See ertrunken sei?" — Nun ging es
über Dresden nach Wien, wo es ihm sehr gefiel; und eben wollte
er nach Italien gehen, als er die Nachricht erhielt, die Strjelitzen
hätten sich schon wieder empört.
Wie ein ergrimmter Löwe fuhr er auf und eilte schnell nach
Rußland zurück. Auf der Reise durch Polen besuchte er den
König dieses Landes, den starken August Ii., dem es ein Leichtes
war, ein Dutzend zinnerne Teller wie ein Papier zusammen zu
rollen. Auch dem Czaren gab August eine Probe seiner Stärke,
indem er mit einem schönen Säbel einem polnischen Ochsen den
Kopf mit einem Hiebe abschlug. „Schenkt mir den Säbel," sagte
Peter; „er ist mir nöthig, um das Haupt des Empörungsdrachen
vom Rumpfe zu trennen." Der König reichte ihm den Säbel
mit den Worten: „Tod den Türken und Tataren! 'Leben und
Gnade den Unterthanen!" eine Aeußerung, die seiner Menschlich-
keit Ehre macht. Peter fand den Aufruhr schon gedämpft; alle