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1. Das Mittelalter - S. 4

1857 - Koblenz : Baedeker
4 Religion der Oermanen. als seine verschiedenen Eigenschaften, als Vollstrecker seines Willens zu betrachten. Besonders lebendig war der Glaube an eine Unsterb- lichkeit vorhanden. Die höchste, unter allen deutschen Stammen verehrte Gottheit ist Wuotan (nordisch Odin), die allmächtige, allwissende, schaffende Kraft, von welcher alle höch- sten Güter und Gaben, vorzüglich aber der Sieg — das wünschenswertheste Gut für kriegerische Völker — abhangen. Die zweite Hauptgottheit ist Donar (nordisch Thor), der über Donner und Blitz, daher auch über Wetter und Gedeihen der Früchte gebietet. Wie Wuotan den Sonnenstrahl, so sendet Donar dem Landmanne den befruchtenden Regen. Unter den zahlreichen Göttinnen, welche hauptsächlich als wandernde Göttermütter gedacht werden, von denen das menschliche Geschlecht die Geschäfte und Künste des Haushalts und des Ackerbaues erlernt, nennt Tacitus die Erdenmutter Nerthus (Nirdu) und beschreibt den Cultus derselben auf einer In- sel des Oceans (Rügen oder Alsen?). Sie wurde von Zeit zu Zeit auf einem von Kühen gezogenen Wagen von einem Priester im Lande umhergefahren, während wel- cher Tage überall Ruhe und Friede herrschte. Nach ihrer Rückkehr wurde sie, d. h. wohl ihr Bildniß, in einem See abgewaschen und die dabei beschäftigt gewesenen Diener in den See versenkt, damit sic nichts von dem mysteriösen Cultus verriethcn. Zwischen der Gottheit und dem Menschen nahm das germanische, wie das griechische Heidenthum eine Mittelstufe an: die Halbgötter oder Heroen, Nachkom- men der Götter, welche durch unsterbliche Thaten zu göttlichen Ehren gelangen. Die vorzüglichsten Heroen der Germanen waren: des erdgebornen Gottes Tvisco Sohn Man, aller Menschen Vater, und dessen Söhne: Ingo, Jsco und Jr- mino. Neben den Hauptgottheiten und Heroen hatte fast jeder Stamm seine eige- nen Dämonen, theils wohlwollende und schützende, theils plagende und schadende Geister (Elbe, Riesen, Zwerge, Kobolde u. s. w.). Eigenthümlich ist dem deutschen Heidenthum, daß es zu Verkündigern des göttlichen Willens nicht Männer wählt, sondern die sogenannten weisen Frauen, die mit höheren geistigen Gaben ausge- rüstet waren, wie die Heroen mit physischen. Sie verkündeten den Menschen Heil oder Unheil, Sieg oder Tod aus den Eingcweidcn der Opferthiere, aus dem Blute der getödteten Gefangenen, aus dem Geräusch der Wellen u. s. w. Der Götterdieust wurde Anfangs nicht in Tempeln, sondern auf Bergen oder in heiltgen Hainen, unter uralten Bäumen, manch- mal auch bei geheiligten Seen, Flüssen oder Quellen gefeiert, und bestand in Gebet und Opfern. Die Art und Weise des Gebetes kennen wir nicht mehr. Die Opfer, theils Dank-, theils Sühnopfer, bestanden sowohl in Menschenopfern (gefangene Feinde, gekaufte Sclaven oder schwere Verbrecher, bei schweren Unglücksfällen aber auch Königssöhne und Könige), als in Thieropfern (besonders Pferde), verbunden mit. Mahlzeiten, auch wohl in Darbringung von Früchten und Blumenkränzen. Die Priester waren Psteger und Hüter nicht blos des göttlichen, sondern auch des menschlichen Gesetzes, daher zugleich beim Volksgerichte thätig, und bei
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