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1. Das Mittelalter - S. 116

1857 - Koblenz : Baedeker
116 Ausbildung der Staatsverfassung. Ii. Verfassung. Die Ausbildung der Staatsverfassung nahm in Deutschland und England eine ganz andere Richtung als in Frankreich. Während in Frankreich durch fortwährende Vermehrung der Kronländer und durch Erhaltung der Thronfolge in dem capetingischen Hause und seinen Linien die Gewalt der Könige immer steigt, nimmt dieselbe in Eng- land und Deutschland fortwährend ab. Die englischen Könige muß- ten nämlich im Kampfe mit Frankreich und Schottland, so wie mit ihren eigenen Baronen und zuletzt mit Gegeukönigen dem Volke immer größere Rechte bewilligen. In Deutschland aber sinkt die Macht der Kaiser theils durch den häufigen Wechsel der Dynastien und die da- mit zusammenhängende Aufrechthaltung des Wahlrechtes, theils durch das einseitige Streben der Kaiser nach Erwerbung einer ansehnlichen Hausmacht, wofür sie gerne Rechte und Einkünfte in andern Provinzen an Fürsten und Städte aufopferten, welche dadurch an Macht und Selbständigkeit stets' Zunahmen. So löste sich das deutsche Reich in eine Menge einzelner Gebiete mit Landeshoheit auf und gestaltete sich zu einer Republik der Reichsstände mit einem gewählten Oberhaupte. Schon beim Untergange der Hohenstaufen zählte das Reich in Folge der Zersplitterung der ehemaligen Her- zogthümer in eine Menge kleinerer Besitzungen 116 geistliche und 100 weltliche Reichsstände. Zu den geistlichen gehörten 6 Erzbisthümer, 37 Bisthümer, 70 Abteien und die 3 geistlichen Ritterorden; zu den weltlichen 4 Kurfürsten, 6 Herzöge, 30 Grafen und etwa 60 freie Reichsstädte. Charakteristisch ist für die zweite Hälfte des Mittelalters der Geist politischer Genossenschaften, welcher alle Verhältnisse des Lebens durchdringt und sich in den geistlichen Orden, dem Ritter- thum, den Hansen der Kaufleute, den Gilden und Zünften der Hand- werker, den Universitäten, den Baubrüderschaften und Malervereinen, seit dem 14. Iahrh. auch in den Eidgenossenschaften der Städte und des Adels (vgl. S. 93) offenbart. Zwei der wichtigsten Erzeug- nisse dieses Corporationsgeistes sind: a) das Ritterwesen, hervorgegangen aus dem schon bei den alten Franken ehrenvollen Reiterdienste, der seit der Ausbreitung des Lehnswesens nur von den Besitzern größerer Lehen geleistet wurde und daher zu höherem Ansehen, so wie durch die Kampfspiele an den Höfen deutscher Könige zu größerer Ausbildung gelangte. Durch
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