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1857 -
Koblenz
: Baedeker
- Autor: Cremans, Hubert, Pütz, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Höhere Bürgerschule, Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Ausbildung der Staatsverfassung.
Ii. Verfassung.
Die Ausbildung der Staatsverfassung nahm in Deutschland und
England eine ganz andere Richtung als in Frankreich. Während in
Frankreich durch fortwährende Vermehrung der Kronländer und durch
Erhaltung der Thronfolge in dem capetingischen Hause und seinen
Linien die Gewalt der Könige immer steigt, nimmt dieselbe in Eng-
land und Deutschland fortwährend ab. Die englischen Könige muß-
ten nämlich im Kampfe mit Frankreich und Schottland, so wie mit
ihren eigenen Baronen und zuletzt mit Gegeukönigen dem Volke immer
größere Rechte bewilligen. In Deutschland aber sinkt die Macht der
Kaiser theils durch den häufigen Wechsel der Dynastien und die da-
mit zusammenhängende Aufrechthaltung des Wahlrechtes, theils durch
das einseitige Streben der Kaiser nach Erwerbung einer ansehnlichen
Hausmacht, wofür sie gerne Rechte und Einkünfte in andern
Provinzen an Fürsten und Städte aufopferten, welche dadurch
an Macht und Selbständigkeit stets' Zunahmen. So löste sich
das deutsche Reich in eine Menge einzelner Gebiete mit Landeshoheit
auf und gestaltete sich zu einer Republik der Reichsstände mit einem
gewählten Oberhaupte. Schon beim Untergange der Hohenstaufen
zählte das Reich in Folge der Zersplitterung der ehemaligen Her-
zogthümer in eine Menge kleinerer Besitzungen 116 geistliche und 100
weltliche Reichsstände.
Zu den geistlichen gehörten 6 Erzbisthümer, 37 Bisthümer, 70
Abteien und die 3 geistlichen Ritterorden; zu den weltlichen 4 Kurfürsten,
6 Herzöge, 30 Grafen und etwa 60 freie Reichsstädte.
Charakteristisch ist für die zweite Hälfte des Mittelalters der
Geist politischer Genossenschaften, welcher alle Verhältnisse
des Lebens durchdringt und sich in den geistlichen Orden, dem Ritter-
thum, den Hansen der Kaufleute, den Gilden und Zünften der Hand-
werker, den Universitäten, den Baubrüderschaften und Malervereinen,
seit dem 14. Iahrh. auch in den Eidgenossenschaften der Städte und
des Adels (vgl. S. 93) offenbart. Zwei der wichtigsten Erzeug-
nisse dieses Corporationsgeistes sind:
a) das Ritterwesen, hervorgegangen aus dem schon bei den
alten Franken ehrenvollen Reiterdienste, der seit der Ausbreitung des
Lehnswesens nur von den Besitzern größerer Lehen geleistet wurde
und daher zu höherem Ansehen, so wie durch die Kampfspiele an
den Höfen deutscher Könige zu größerer Ausbildung gelangte. Durch