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1. Das Mittelalter - S. 121

1857 - Koblenz : Baedeker
Die deutsche Litteratur. 121 herrührende gothische Bibelübersetzung des Bischofs Ulfilas, theils in poetischer Form, so zwei Evangelienharmonien, eine gereimte alt- hochdeutsche (der „Krist" vom Weißenburger Mönch Otfricd) und eine niederdeutsche (der „Heliand" von unbekanntem Verfasser). — Um die Mitte des 12. Jahrh. begann eine Umgestaltung der deut- schen Nationaldichtung durch a) den Gebrauch der mittelhochdeutschen Sprache, d) die allgemeinere Einführung des Reims statt der bloßen Allitteration, e) die größere Mannigfaltigkeit des Inhaltes. Ihre erste Blüteperiode erlebte die deutsche Dichtkunst im Zeitalter der Hohenstaufen, und zwar sowohl die epische als die lyrische. Jene behandelte theils die in zahlreichen Liedern im Munde des Volkes fortlebende deutsche Heldensage, indem diese Lieder gesammelt und vermittelst Einschiebung größerer oder kleinerer Verbindungslieder zu größern Gedichten, wie „der Nibelungen Noth", „Gudrun" u. s. w. vereinigt wurden, theils fremde Sagen, sowohl antike (vom trojani- schen Krieg, von Aeneas, von Alexander dem Gr.), als mittelalter- liche (vom h. Gral, vom britischen Könige Artus und seiner Tafel- runde, beide vereinigt im „Parzival" des Wolfram von Eschenbach), in umfangreicherer Darstellung, daneben aber auch kürzere Stoffe, sowohl religiöse (Legenden) als weltliche (poetische Erzählungen). Die Hauptgattung der lyrischen Poesie war der Minnesang (nicht bloß Liebeslieder, sondern auch politische und religiöse Lieder), wel- cher vorzüglich im südlichen Deutschland in den höhern Kreisen des Lebens, auf den Burgen der Fürsten und des Adels und von diesen selbst (Kaiser Heinrich Vi., Heinrich von Veldeke, Walther von der Vogelweide u. s. w.) ausgeübt wurde, während das Volk sich au den epischen Heldenliedern der „fahrenden Sänger" ergötzte, die von Stadt zu Stadt, auch wohl von Dorf zu Dorf zogen und um be- scheidenen Lohn sangen. Einen schroffen Gegensatz zu dieser mehr als hundertjährigen (1190—1300) Blüte unserer Nationalpoesie bildet der Verfall derselben in dem 14. und 15. Jahrh. Das Epos beschränkte sich in dieser Zeit fast auf geistlose Ueberarbeitungen früherer Darstellun- gen der deutschen Heldensage und zwar nicht der altern und bessern Dichtungen, sondern der jüngern und schwächer« (das „Heldenbuch"). Die lyrische Dichtkunst gerieth aus den Händen der Fürsten und Ritter, die seit dem Untergange der Hohenstaufen mehr auf mate- riellen Erwerb, als auf poetischen Genuß bedacht und in steten Feh- den begriffen waren, in die Hände der Handwerker, welche in ihren
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