1860 -
Koblenz
: Baedeker
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 11
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Höhere Bürgerschule, Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
Cultur der Römer. 99.
155
§. 99 (111).
Cultur der Römer.
Fast in allen Zweigen der Cultur sind die Griechen die
Lehrer der Römer gewesen.
1. Religion. Die ältesten Nationalgottheiten hatten theils
Bezug aus Ackerbau und Hirtenleben, wie Saturnus, Janus, Fau-
nus, theils auf die Stiftung des römischen Staates, wie Mars,
Quirinus. Der römische Jupiter war, wie der griechische Zeus,
vorzugsweise der Gott des Himmels und der Witterung, dem die
Erscheinungen der Atmosphäre: Regen, Donner, Blitz zugeschrieben
wurden.
Schon früh wirkte etruscischer und in noch höherem Grade
griechischer Einfluß auf die Entwickelung der- römischen Reli-
gion ein. Non Cumae, der ältesten griechischen Niederlassung in
Italien, kamen die sibyllinischen Bücher, griechische Götter und
Culte nach Rom. Die Eroberung Unteritaliens und besonders
später die der griechischen Staaten des Ostens vollendete die
Hellenisirung der römischen Religion, namentlich durch die zuneh-
mende Bekanntschaft mit der griechischen Litteratur und die An-
häufung griechischer Götterbilder aus den eroberten Städten in
Rom. Die griechischen Mythen wurden auf römische Gottheiten
übertragen. Mit dem Verfall der Republik verfiel auch die mit
dem Staatsw.esen so eng verbundene Religion, nachdem sie schon
lange ein Werkzeug der Politik gewesen war.
Der Zweck des römischen Götterdienstes war keineswegs
Belehrung, Erbauung und Reinigung des Menschen, sondern die
Gebete, Gelübde, Opfer und Feste waren nur Mittel, sich
die Götter zu eigenen Zwecken dienstbar zu machen.
Daher kam es bei dem Gebete nicht auf die Gesinnung des
Betenden an, sondern auf die richtige Hersagung der Gebetsformeln
unter bestimmten Ceremonien und mit den vorgeschriebenen Wiederho-
lungen. In wichtigern Fällen suchte man das Gewünschte (namentlich
Sieg und Eroberung) durch Gelübde zu erreichen, in deren Erfüllung
man die größte Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit beobachtete. Die Ge-
bräuche bei den Opfern stimmten im Wesentlichen mit den griechischen
überein. Die Feste haben, namentlich seitdem die Römer selbst sich
nicht mehr mit dem Ackerbau beschäftigten, sondern ein vorherrschend
kriegerisches Volk geworden waren, wie an Zahl (bis gegen 50, zum