1857 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
6 Die ältesten Völker bis zur Gründung der Persermonarchie.
Leichname aller derer, welche durch Menschenhand den Tod fanden, von
der Erde ausgeworfen würden, so wäre die Oberfläche mit Gebeinen
überdeckt, und wenn das vergossene Blut zusammenflöße, es entstände
ein Strom, der Länder überfluthen würde; durch die ganze Geschichte
und über die ganze Erdoberfläche verfolgt uns ohne Unterbrechung der
Anblick des entzweiten Menschengeschlechtes!
Zweites Kapitel.
Ausbreitung und Verderbniß des Menschengeschlechts. — Die Sündfluth.
Mit der Zeit breiteten sich die Menschen auf der Erde aus, allein
sie wurden immer verdorbener und ungerechter, den sie hatten Gott
vergessen. Nur einzelne Patriarchen und Familien bewahrten es getreu
in ihrem Gedächtnisse und überlieferten es ihren Kindern, wie sich Gott
den ersten Eltern geoffenbart habe. Sie vergaßen das Paradies nicht,
welches durch Ungehorsam gegen Gottes Gebot verloren war, ebenso
wenig aber auch die Verheißung des Welterlösers, durch welche für die
ersten Menschen die düstere Zukunft ihres Geschlechtes verklärt wurde;
sie brachten ihre Opfer und Gebete dar, und Gott war mit ihnen. Als
aber die Sünde auf der Erde überhand nahm und Gott trotzte, da
verhängte Er ein Strafgericht über die Erde und vertilgte durch die
Sündfluth alle Menschen außer Noah, der vor Seinen Augen gerecht
gewandelt hatte, und dessen Söhne, Sem, Cham und Zaphet, welche
die zweiten Stammväter des Menschengeschlechts und Träger der gött-
lichen Offenbarung wurden.
Die Erinnerung an dieses furchtbare Gericht hat sich als ein Bruch-
stück aus der Tradition der Patriarchen auch bei den heidnischen Völkern
erhalten; Babylonier und Griechen, Indier und Sinesen, die Eskimos
an dem Polareise und die in den Urwäldern Amerikas irrenden Horden
wissen von der Fluth zu erzählen. Bei den Indiern ist es Menu mit
seinen drei Söhnen, der gerettet wird, bei den Sinesen Iao, bei den
Babyloniern Lysuthrus, bei den Griechen Deukalion. Doch haben sie
die einfache Erzählung mit mannigfachen Fabeln ausgeziert, wie es jedem
Volke beliebte (am meisten nähert sich die babylonische Mythe der biblischen
Erzählung) und die einen, welche ihrer Nation ein hohes Alter zuschrieben,
haben die Fluth um viele Jahrtausende hinausgerückt, während andere,
z. B. die Griechen, dieselbe als eine nicht so ferne Begebenheit erzählen;
— immerhin bleibt die Sündfluth die erste allgemeine Erinnerung des
Menschengeschlechts.