1857 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Babylonien. Assyrien. Medien.
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erweisen wollte. Diese Bauten wurden aus Backsteinen aufgeführt (denn
das ebene Babylon hat keine Steinbrüche, Quadersteine zu Waffer-
bauten mußten aus großer Ferne herbeigeschafft werden), die selbst wieder
verschiedener Art find. So war die Mauer z. B. aus Backsteinen ge-
baut, die an der Sonne getrocknet wurden (dieses Baumaterial wird
jetzt wieder, namentlich in Frankreich, angewandt unter dem Namen
Pise); der Kitt bestand aus Erdharz, einem in Babylon reichlich vor-
handenen Stoffe. Man verstand es jedoch ganz gut die Backsteine zu
brennen, zu glasieren und mit einem so festen Mörtel zu verbinden,
daß man noch jetzt keinen ganzen Ziegel Herausbrechen kann. Mit
solchen gebrannten glasierten Ziegeln bekleideten sie die Außenflächen
der Mauern (man wird dadurch an den sogenannten porzellanenen Thurm
in Nanking erinnert); sie formten auf solche Ziegel mannigfaltige Bild-
werke und Zuschriften, in welchen die Thaten der Könige zu schauen
und zu lesen waren. Die Schlösser, Tempel und Häuser nahmen indessen
bei weitem nicht den ganzen Raum innerhalb der Stadtmauern ein;
Babylon hatte wie die großen Städte heut zu Tage seine öffentlichen
Plätze, Luftwälder und Parke, wo sich die Leute ergehen konnten.
Aehnlich mag Niniveh ausgesehen haben, das sich in einem Umfange
von drei Tagreisen an dem Tigris erstreckte, aber in keinem der alten
Geschichtsbücher genauer beschrieben ist; nur der Schutt, welcher von
ihm übrig ist, zeugt von seiner ungeheueren Ausdehnung. Auch Niniveh
war ein Haupthandelsplatz, welcher den Verkehr mit den innern Ländern
vermittelte; seine Kaufleute sind zahlreicher als die Sterne, sagt der
Prophet Nahum. Die Bevölkerung einer Stadt wie Babylon muß
Millionen betragen haben. Schon der Dienst in den Hofburgen er-
forderte viele tausend Sklaven und Sklavinen, die Besatzung derselben
ein ganzes Kriegsheer, der Tempeldienst viele tausend Priester und eine
ganze Schaar Tempelknechte, und wie viele tausend andere Hände
mögen wohl durch den Hof, durch die Großen, durch die Priester be-
schäftigt worden sein! Babylon war zudem ein Hauptsitz kunstvollen
Gewerbes; man verfertigte feine Tücher aller Art, wob und färbte
Teppiche, die weit und breit berühmt waren (wie jetzt die türkischen
und persischen; ohne Zweifel stammt diese morgenländische Kunst aus
dem fernsten Alterthum), verfertigte prachtvolle Stickereien, Schmuck-
sachen aus Metallen und farbigen Glasflüssen, drechselte und schnitzte
kunstreich, wie denn (laut Herodot) die Babylonier nur Stöcke mit
geschnitzten Handgriffen trugen. Ebenso beschäftigte der Welthandel
Babylons eine Unzahl der Einwohner und zog aus allen Ländern Ge-
schäftsleute herbei.
Eine solche Volkszahl bedurfte eine entsprechende Masse Lebens-
mittel, diese aber lieferte die Landschaft, welche in ihrer Art nicht minder