1857 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
84 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien.
ihr Religionslehrer, als der Träger des religiösen Glaubens der Vor-
fahren, da den Hellenen keine Priester in heiligen Büchern die Religion
und deren Satzungen aufbewahrten. Durch die homerischen Gesänge
wurden die entzweiten Hellenen immer wieder erinnert, daß sie schon in
der Vorzeit ein Volk gewesen, welches seine Ehre gemeinschaftlich gegen
die Barbaren vertheidigte und durch die Gunst der Götter einen glor-
reichen Sieg über Asien errang. Homers Gesänge wurden die Quelle,
aus welcher spätere Dichter schöpften und den nationalen Sinn immer
wieder erfrischten. Kein Volk hat einen Homer hervorgebracht (die Bibel
ist göttlichen Ursprungs und gehört der Menschheit); Ln Asien war es
unmöglich, denn unter der Despotie gibt es keine Helden, nur Knechte,
welche in die Schlacht getrieben werden; Priefterkaften führen ein Volk
bis zu einer gewissen Stufe der Kultur, aber sie dulden die geistige Er-
hebung des Einzelnen nicht und ziehen unübersteigbare Schranken zwischen
sich und den anderen Ständen, zwischen ihrer Nation und fremden Na-
tionen. Die Germanen erscheinen unter allen Völkern den Hellenen am
nächsten stehend; allein sie bewohnten Länder, welche von der Natur
weniger begünstigt waren als Hellas, und ihre Fortbildung übernahm
das Christenthnm, daher konnten ihre Sänger für sie nie das werden,
was Homer den Hellenen gewesen.
Die alten Könige der Griechen.
Allmäliges Aufhören der Königswürde.
Die griechischen Stämme und Städte hatten anfänglich ohne Aus-
nahme Könige; ihre Herrschaft erstreckte sich aber nie über ein großes
Gebiet und war ebenso wenig eine despotische. Der König führte im
Kriege die streitbaren Männer an und war mit den andern Edlen Vor-
kämpfer in der Schlacht. 2m Frieden saß er mit denselben auf offenem
Markte zu Gericht, mit ihnen berieth er die allgemeinen Angelegenheiten.
Das Volk hörte dann wohl auch zu und gab durch Beifall oder Murren
seine eigene Meinung zu erkennen; jedoch hing die Entscheidung nie
von dem Volke ab, sondern diese kam von dem Könige und den Edlen;
letztere werden selbst oft Könige genannt und der eigentliche König war
auch nur der erste unter ihnen, sowie er auch das größte Grundstück
besaß und in dem schönsten Hause wohnte; die Edlen standen ihm durch
Grundbesitz am nächsten, wie sie im Felde mit ihm in der Vorderreihe
fochten und im Frieden mit ihm im Rathe saßen. Bei den Festen der
Götter opferte der König und ordnete das Mahl, das von dem Opfer
unzertrennlich war. Von regelmäßigen Abgaben an den König war keine
Rede, doch steuerte das Volk bei, wenn er durch irgend ein Ereigniß