1857 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Perikles.
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falls 3), wenn er als Richter seine Privatgeschäfte versäumen mußte. In
alter und neuer Zeit hat man dem Perikles dieses Besolden des Bürgers
für die Ausübung seiner Rechte zum Vorwurfe gemacht; allein Athen war
nun einmal Demokratie und konnte nach Solons Zeit keine andere Ver-
fassung ertragen, weil sie der ganzen Natur seiner Bevölkerung allein
angemessen war; der Staat (die Bürgergemeinde) aber war reich und
mächtig geworden, wozu auch der Arme geholfen hatte, es erschien daher
nur billig, daß man diesem die Ausübung seiner Rechte erleichterte. So-
dann ist es durch die Geschichte aller Zeiten und Völker bestätigt, daß
der arme berechtigte Bürger zwar nicht wie in Athen von dem Staate,
dafür aber von ehrgeizigen und reichen Männern bezahlt wird, damit
er in der Volksversammlung erscheine und für ihren Antrag stimme, von
Athen dagegen wissen wir kein Beispiel, daß die gemeinen Bürger ihre
Stimmen verkauft hätten. Perikles wollte mit seiner Geldspende zudem
einen noch höheren Zweck erreichen; indem der gemeinste Bürger jeder
wichtigeren Volksversammlung anwohnte und die Redner für und gegen
die gestellten Anträge sprechen hörte, gewann derselbe politische Bil-
dung; er lernte alle Verhältnisse des Staates kennen, gleißende und
verständige Worte vergleichen und eine Rede würdigen, er lernte selbst-
ständig urtheilen, während sich zugleich sein Geschmack ausbildete und
mit ihm seine Sprache. Es gereicht dem athenischen Volke zur hohen
Ehre und ist des Perikles schönste Rechtfertigung, nicht allein daß Athen
die besten Redner hervorbrachte und das Volk die besten recht wohl
auskannte, sondern auch, daß keine Demokratie je so wenig Ungerechtig-
keiten verübt hat (es gab deren dennoch nur zu viele) und zu so wenig
Grausamkeiten verführt worden ist, als die athenische, welche selbst in
ihrem Falle noch mancher ehrenwerthen Handlung fähig blieb.
Perikles führte auch den Sold bei den athenischen Kriegern ein
und zwar einen sehr hohen; es war auch nur billig, daß der reiche
Staat seinen Vertheidiger belohnte. Der Sold eines Schwerbewaffneten
betrug täglich wenigstens 4 Obolen, so daß auch der arme Bürger die
volle Rüstung anlegte, was früher nur der vermögliche thun konnte,
und es war eine natürliche Folge der perikleischen Einrichtung, daß der
ärmere Bürger gerne anszog und der kriegerische Geist der armen Be-
völkerung gesteigert wurde, sowie diese nun auch eine Hauptstütze der
demokratischen Verfassung wurde und dieselbe immer wieder herstellte,
wenn sie einmal durch Gewalt beseitigt worden war.
Einen beträchtlichen Theil des Staatseinkommens verwandte Perikles
auf öffentliche Bauten, durch welche er Athen verschönerte. Besonders
war es die Burg (Akropolis), das attische Heiligthum, die er durch die
Schöpfungen aller Kunst zu einem wahren Weltwunder machte. Sie
stand auf einem hohen Kalkfelsen, an dessen Fuße eine starke Quelle