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1. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 138

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
138 Perser und Griechen. Europas Sieg über Asien. Theater trat die Geschichte der alten Zeit vor die Augen des Volkes nicht in Erzählung, sondern in lebendiger Erscheinung; die Bühne war die Kanzel, von welcher Religion und Sitte gepredigt wurde, wo die Lehren derselben sich in Thaten und Leiden, in Segen und Fluch umgestalteten und als lebendige Beispiele auf den Zuschauer einwirkten. Zu diesem Zwecke bot das Theater den höchsten Schwung der Poesie in der edel- sten Sprache auf, und mit der Kunst des Dichters vereinigten sich har- monisch zusammenwirkend Plastik, Gesang und Musik, so daß das athe- nische Theater zu der vollkommensten Bildungsstätte wurde, die das Hellenenthum, und nur dieses, errichten konnte. Perikles öffnete sie dem gesammten Bürgervolke Athens; der Staat gab beträchtliche Zuschüsse zu der vollkommensten Aufführung dramatischer Meisterwerke und der arme Bürger erhielt das Eintrittsgeld aus der Staatskasse auf Vor- zeigung eines Täfelchens. Wer dem Perikles dies zum Vorwurfe macht, mißkennt die Bedeutung des athenischen Theaters und verwechselt das- selbe mit den Schaubühnen unserer Zeit, oder der Tadler muß den Stab auch darüber brechen, daß unsere Staaten so große Summen für Schulen aufwenden und es jedem Staatsbürger möglich machen, sich die heutige Bildung (die freilich eine andere ist als die hellenische) anzueignen. Allerdings wurde das spätere Athen durch seine Theater- wuth berüchtigt, die so weit ging, daß man die Gelder, die zu einem Feldzuge oder zur Ausrüstung einer Flotte bestimmt und nothwendig waren, auf Schauspiele verwandte; aber wer will den Perikles dafür verantwortlich machen, daß sein Volk ausartete und Männern folgte, welche es zur Genußsucht verleiteten und gegen seine höchsten In- teressen verblendeten? Geschah doch Aehnliches mit den feierlichen Prozessionen, welche Perikles durch Staatsgelder und das Aufgebot aller Künste verherrlichte; auch diese verloren später ihre religiöse Weihe und arteten zu einem Schauspiele aus, das die Staatsgelder verschlang und reiche Bürger zu übermäßigem Aufwande nöthigte, welche dem Miß- fallen des herrschenden Volkes und den Gefahren der Volksungunst ausweichen wollten. Perikles rühmte den Athenern ihre Stadt als die Bildnerin des gesammten Griechenvolkes, und stellte neben ihren Kriegsruhm ihre allseitige Bildung als ebenbürtige Genossin. Athen gab den Perser- kriegen die nationale Richtung, welche durch Kimon zum vollständi- gen Siege, zur Befreiung der asiatischen Griechen und zu dem großen Aufschwünge der ganzen Nation führte. Was wären die olympischen Feste gewesen ohne den Triumph über Asien? Da wurden die Helle- nen sich bewußt, daß sie das erste Volk der Erde seien; denn sie hatten das Größte vollbracht, was je durch eine Nation geschehen. Da- rum rauscht ein Strom hellenischen Volkslebens in den Festgesängen
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