1857 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Philipp, König von Makedonien.
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wurden, vermochte die gewöhnliche Schlachtordnung auf offenem Felde
unmöglich zu widerstehen, aber ebenso wenig konnte die Phalanx auf
durchschnittenem Boden, wo sich ihre dichtgeschlossenen Glieder trennen
mußten, gut gebraucht werden. Darum beschränkte Philipp sein Fußvolk
nicht auf die Phalanx, sondern bewaffnete und übte eine andere starke
Abtheilung nach griechischer Weise, und aus den Thrakiern und Illyriern
nahm er leichtbewaffnetes Fußvolk, so daß sein Heer aus Phalanx,
Hopliten und Leichtbewaffneten bestand und für jedes Terrän brauchbar
war. Eben so organisirte er die Reiterei; aus seinen Makedoniern
(später kamen zu diesen auch die Thessalier) stellte er eine schwere
Reiterei auf, welche ihresgleichen nicht fand; thrakische Stämme aber
lieferten ihm treffliche leichte Reiter, so daß sein Heer nach allen Waffen-
gattungen das vollkommenste seiner Zeit wurde.
Als König von Makedonien war Philipp nichts weniger als ein
unbeschränkter Herr; das Königthum hatte sich aus der alt-dorischen
Zeit her erhalten und trug noch ganz das alte Gepräge. Der König
war Feldherr und Oberpriester, seine Würde nach dem Rechte der
Erstgeburt erblich; weil jedoch die nachgebornen Prinzen ganze Landschaf-
ten zu freier Apanage erhielten, so gab es in dem makedonischen Hause
viele Streitigkeiten. Neben und um den König stand ein zahlreicher
und kriegerischer Adel, ohne dessen Beistimmung der König weder im Frie-
den noch im Kriege etwas unternehmen durfte. Daß das Volk frei war,
geht schon daraus hervor, daß kein Makedonier anders als durch ein
Volksgericht zum Tod verurtheilt werden konnte, sowie aus dem Wider-
stande, welchen die makedonischen Soldaten den weitergehenden Planen
Alexanders des Großen entgegensetzten. Die Makedonier waren ein
frohmüthiges, kräftiges Volk, durch die griechische Bildung noch nicht
verdorben, obwohl es viel von derselben ausgenommen hatte. Unter
Philipp standen sie zu den Griechen, wie die Schweden Gustav Adolphs
zu den Deutschen; die Schweden hatten die Künste des Friedens und
des Krieges von den Deutschen gelernt; die Hansa hatte in den schwe-
dischen Thronstreitigkeiten intervenirt wie Athen und Theben in Make-
donien; für sich allein hätten die Schweden sich so wenig nach Deutsch-
land wagen dürfen als die Makedonier nach Griechenland, aber der
Hader der einzelnen Staaten und die „Religion" öffneten den Weg
und verstärkten die Macht der Eindringlinge durch die Streitkräfte des
Landes, welches erobert werden sollte.
Philipps Augenmerk war zunächst auf die Küsten Makedoniens und
Thrakiens gerichtet; wie Peter der Große nicht ruhte, bis er am aso-
wischen und baltischen Meere festen Fuß gefaßt und seinem Lande die
Aus- und Einfuhr zur See geöffnet hatte, so bemächtigte sich Philipp
in längern und kürzern Zwischenräumen der Landstriche zwischen seinem