1857 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Die Plebejer werden römische Vollbürger. Ausbau der Verfassung. 233
Senator war in der Regel auch der Sohn eines Senators oder eines
angesehenen Bürgers; seine Erziehung war eine römisch-ernste und reli-
giöse; was er als Knabe und Jüngling von seinem Vater über die An-
gelegenheiten der Stadt und die bürgerlichen Verhältnisse hörte, waren
Worte eines gewissenhaften, erfahrenen und klugen Mannes, und diesen
Worten entsprach seine Handlungsweise. Die römischen Söhne bildeten
sich nach ihren Vätern, darum treffen wir auch die merkwürdige Er-
scheinung, daß in den guten Zeiten des römischen Staates die politischen
Grundsätze in den Familien forterbten, z. B. bei den Klaudiern, Va-
leriern, Horatiern, Korneliern, und der Vater gegen den abtrünnigen
Sohn der strengste Richter war, z. B. I. Brutus, Sp. Cassius, Ful-
vius u. s. w. Der römische Jüngling, der Senatorssohn so gut als der
des Plebejers, trat in das Heer ein und lernte mit der Waffenführung
zugleich Disciplin und Subordination, welche mit unerbittlicher Strenge
gehandhabt wurden, und erst, wenn er bereits zwölf Jahre seiner Bür-
gerpflicht als Militär genügt hatte, durfte er daran denken, sich um das
erste höhere Staatsamt, die Quästur, zu bewerben; von den Staats-
ämtern aber ging der regelmäßige Weg in den Senat. Jeder Senator
war demnach in gewisser Weise von den Bürgern ernannt, insofern er
seine Anwartschaft auf eine Senatorenstelle durch die Begleitung eines
öffentlichen Amtes erhielt, welches ihm das Vertrauen seiner Mitbürger
verliehen hatte. Ein Senator war seinem Alter nach über die Zeiten
jugendlicher Leidenschaft hinweggeschritten, zudem ein Mann von Er-
fahrung, der die Staatsgeschäfte nicht etwa aus Büchern oder von der
Schule her kannte, sondern durch seine Amtsführungen mit ihnen ver-
traut war. Daher fand in dem Senate, dieser Versammlung von Kriegs-
und Staatsmännern, die glänzendste Theorie kein Gehör, so wenig als
durch ihn je ein Feldzug beschlossen worden wäre, welcher dem athenischen
gegen Sicilien glich. Diese Männer konnten zu einer Aenderung der
Staatsgesetze nur vermocht werden, wenn die Rothwendigkeit unab-
weisbar schien; sie schufen nichts Neues, das nicht zum Alten paßte
und unternahmen nichts, dessen Ausführung nicht durch die Kräfte des
Staates gesichert oder durch die Noth geboten war. Durch den Senat
hatten die Patricier, welche jedenfalls den Hauptbestandtheil desselben
auch nach 377 v. Ehr. bildeten, ihren redlichen Antheil an dem Ver-
dienste, daß Rom die erste Stadt der Welt wurde, und jedenfalls über-
traf der Plebejer den Patricier niemals an Aufopferung von Gut und
Blut, wenn es die Ehre und die Wohlfahrt der Stadt galt. Der Würde
und der Staatsweisheit des Senates verdankte es die römische Republik
ebenso sehr als der religiösen Ehrenfestigkeit der Plebejer, daß nach der
lex Hortensia, welche den ganzen Staat in die Gewalt der Tribus
gab, nicht alsbald das Unwesen ausbrach, welches in der athenischen