1857 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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Die Römer.
mit sich, wo immer sie angelegt wurde, und ebenso das römische Recht.
Der Kolonist war römischer Bürger, konnte aber von seinem Stimm-
rechte in der Regel keinen Gebrauch machen; er bezahlte Kopfsteuer
und Grundsteuer (der Staat hatte ihm von seinem Eigenthume verliehen,
der Kolonist war demnach Lehensmann des Staates), wenn die Kolonie
nicht ausdrücklich befreit war (das jus iialicum gewährte Befreiung
von der Grundsteuer, das jus immunitatis gänzliche Steuerfreiheit),
konnte aber nur dann römische Staatsämter begleiten, wenn er freien
Grundbesitz in Italien hatte. Die Kolonieen waren ein Hauptmittel,
durch welches das republikanische Rom seine Eroberungen festhielt und
die Einwohner an römische Sprache, Sitte und römisches Recht gewöhnte.
Kein Wunder, daß Fregellä die Samniter ärgerte; sie unterstützten da-
her insgeheim kampanische Städte, z. B. Neapolis, welche den Römern
Trotz boten, und diese erklärten den Krieg. Er wurde grimmig; Pa-
pirius Kursor und Q. Fabius Marimus brachten den Sammlern blutige
Niederlagen bei, aber 321 erlitten die Römer einen großen Unfall. Beide
Konsuln drangen nämlich in das samnitische Gebirge vor, wurden jedoch
von dem samnitischen Feldherrn Pontius in den Engpässen von Kaudium
eingeschlossen. Die Römer suchten mit verzweifelter Anstrengung durch-
zubrechen, sie opferten ihre besten Soldaten, allein sie mußten endlich
den Kampf aufgeben und ihr Schicksal von den Samnitern abwarten.
Pontius ließ seinen greisen Vater fragen, was er mit den eingeschlos-
senen Römern anfangen solle und dieser ließ zurücksagen: „tödte alle!"
Das schien dem Sohne zu hart, er fragte zum zweitenmale an; „laß
sie alle ziehen," war die Antwort. Das gefiel dem Pontius abermal
nicht und er wählte einen Mittelweg: die Konsuln beschworen einen
Frieden, wodurch Rom seine Eroberungen in Kampanien aufgab; 600
Ritter blieben als Geisseln zurück, das Heer aber mußte durch den Ioch-
galgen abziehen. Ein solcher Galgen bestand aus drei Lanzen, zwei
waren in den Boden gesteckt und eine dritte quer übergebunden. Zuerst
gingen die Konsuln und Hauptleute durch, dann folgte das ganze Heer
Mann für Mann, halb nackt, niedergeschlagenen Blickes. (Im Mittel-
alter ließen die Deutschen einen Feind, der sich auf Gnade ergeben hatte,
in bloßem Hemde, mit einem Stabe in der Hand, abziehen.) Das war
in Italien die größte Schmach, welche einem besiegten Heere angethan wer-
den konnte, und so war noch kein römisches heimgekehrt! Spät Abends
betraten die Schandbedeckten die Stadt, versteckten sich in ihre Häuser
und keiner ließ sich sehen. Ueberall war Trauer, aller Schmuck wurde
abgelegt, keine Gerichtssitzung mehr gehalten, die ganze Stadt schien
ausgeftorben. Der Senat aber trat zusammen und erklärte den mit
den Samnitern geschlossenen Frieden für ungiltig, weil die Konsuln ohne
den Senat keinen Frieden abschließen könnten. Die unglücklichen Feldherrn