1857 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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Die Römer.
gefährlichere Prediger „der Freiheit" als einst Demosthenes für den
zweiten gewesen? Hannibal wollte aber die Römer nicht zur See und
nicht in Sicilien bekämpfen, sondern in Italien selbst einbrechen, Gal-
lier, Lukaner, Samniter und Griechen durch gewonnene Schlachten zu
sich herüberziehen, Rom auf Latium beschränken und durch Entkräftung
zum Frieden nöthigen. Was dem Pyrrhus beinahe gelungen war und
vielleicht ganz gelungen wäre, wenn er sich nicht von den Römern weg
nach Sicilien gewandt hätte, das hoffte der karthagische Feldherr aus-
zuführen; ihm war es dabei nicht um kriegerische Abenteuer, nicht um
Schätze und Herrschaft für sich zu thun, wie dem Pyrrhus, welchem jeder
Krieg willkommen war, der Ruhm und Geld versprach, sondern er
zog mit dem festen Glauben gegen die Römer, jetzt oder niemals könne
Rom besiegt und Karthago gerettet werden.
Gegen die Bedingungen des hasdrubalischen Vertrags griff Hanni-
bal die Stadt Sagunt an und eroberte sie nach achtmonatlicher ver-
zweifelter Vertheidigung (219); sie wurde auf den Grund zerstört und
die wenigen Einwohner, welche nicht den Tod erwählt hatten, in die
Sklaverei verkauft. Die Römer hatten Sagunt fallen lassen und die
Zeit mit Gesandtschaften verloren; jetzt erst erklärten sie dem Senate zu
Karthago den Krieg, als die Auslieferung des friedbrüchigen Hannibal
verweigert wurde. Von den beiden Konsuln Kn. Scipio und T. Sem-
pronius sollte der erste ein Heer nach Spanien und der andere nach
Afrika führen; Scipio war bereits im südlichen Gallien und sein Kollege
in Sicilien, als die unerwartete Kunde einlief, Hannibal sei auf dem
Wege nach Italien. Und so war es; seinem Bruder Hasdrubal ließ er
ein Heer zur Vertheidigung zurück, er selbst ging (so weit wir aus den
Nachrichten des Polybiuö und Livius seinen Marsch bestimmen können)
mit 59,000 Mann und 24 Elephanten bei Bellegarde über die Pyrenäen
und marschirte dann durch Gallien, dessen Völker ihn bald ruhig ziehen
ließen, bald zu ihrem eigenen Schaden angriffen. Unweit Orange über-
schritt er die Rhone, zog dann den Fluß hinauf bis Vienne, von dort
nach Chambery und kam durch die Tarantaise an den kleinen St. Bern-
hard; es war bereits Oktober und das Gebirge eingeschneit. Unter
furchtbaren Anstrengungen, mit Hunger, Kälte, Felsen, Schnee und
feindseligen Bergbewohnern kämpfend, erzwang er den Uebergang über
den Paß und stieg in die Ebene der Tauriner nieder. Von seinem Heere
waren noch 26,000 Mann übrig, und mit diesen stand er in Italien
den Römern gegenüber! Aber er vertraute auf sich und seine erprobten
Soldaten. Diesen schwur er einen Eid, daß jeder Mann nach eigener
Wahl in Italien oder Afrika ein Landgut erhalten werde, sobald der
Krieg zu Ende sei; mit zwei oder drei Schlachten sei alles geschehen
und Rom selbst in ihren Händen. Sein Heer verlangte mit Ungeftümm