1857 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
P. Aelius Hadrianus.
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In seiner Politik wich er von dem trajanischen Gange beträchtlich ab.
Trajan hatte dem Senate wieder einige Rechte eingeräumt, so daß der
Schriftsteller Tacitus sagen konnte, dieser Kaiser habe sonst unverträgliche
Dinge, nämlich Herrschaft und Freiheit, mit einander geeiniget; Hadrian
aber nahm dem Senate und den Prätoren ihren bisherigen Antheil an der
Gesetzgebung, dem Gerichtswesen und der Verwaltung und schuf dafür eigene
Aemter, deren Inhaber der Kaiser unmittelbar ernannte und dirigierte.
Die Edikte der alten Prätoren ließ er sammeln, damit Lie Richter nach
einer bestimmten Norm sprechen konnten; sein edictum perpetuum ist
demnach das erste eigentliche Gesetzbuch der Römer, und von dieser
Zeit an nimmt die Rechtsgelehrsamkeit einen merkwürdigen Aufschwung.
Obgleich in der Kriegskunst nicht unerfahren, zog er den Frieden
dem Kriege vor. Er gab den Parthern die trajanischen Eroberungen
zurück und machte den Euphrat und die arabische Wüste zur Gränze des
Reiches. In Britannien zog er den Piktenwall (von Tyne bis New-
castle) gegen die kriegerischen Kaledonier, und im südwestlichen Deutsch-
land verstärkte er die Gränzfesten durch zusammenhängende Werke (val-
lum Hadriani). Er verwies die Römer also wieder auf den Verthei-
digungskrieg, von welchem Trajan abgegangen war, und lieferte damit
zugleich ein Zeugniß, daß es mit dem Römerthum zu Ende gehe. Unter
ihm machten die Juden Ln Palästina noch einmal einen blutigen Auf-
stand; Hadrian beschränkte sie nämlich in der öffentlichen Ausübung
ihres Kultus und baute 126 n. Ehr. an die Stätte Jerusalems eine
römische Kolonie und auf den Moriah einen Tempel des Jupiter Ka-
pitolinus; dem Kaiser und dem Gotte zu Ehren hieß die neue Kolonie
Aelia Kapitolina. Darüber geriethen die Juden in neue Wuth und unter
einem falschen Propheten, der sich Bar Kochab, Sohn des Sterns nannte,
versuchten sie noch einmal Gott und das Glück der Waffen (135 nach
Ehr.). Die Römer metzelten über eine halbe Million nieder, zerstörten
über 1000 Städte und Flecken und machten Judäa zur Einöde. Bei Todes-
strafe durfte fortan kein Jude sich in Jerusalem sehen lassen; nur einmal
im Jahre war es ihm gegen Erlegung einer Abgabe erlaubt, auf den
Trümmern seiner Stadt zu weinen und die alten Klagelieder zu fingen.
Hadrians Leben war nicht fleckenlos und er gab den durch Trajan
verwöhnten Römern manchmal Anlaß zur Unzufriedenheit. Er war ihnen
auch zu gelehrt und ging zu viel mit Gelehrten um, ließ sich zu viel
von den Griechen schmeicheln und verweilte zu gerne in Athen und
Alexandrien, wo ihm sein Liebling Antinous im Nil ertrank und darauf
unter die Götter und die Gestirne versetzt wurde. Gegen das Ende
seines Lebens wurde er gemüthskrank und argwöhnisch; vier Senatoren
ließ er in dieser Stimmung willkürlich hinrichten. Indessen wurde er
doch nach seinem 138 erfolgten Tode unter die Götter erhoben.