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1. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 59

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Der Kirchenstaat. 59 Fürsten und Völker als Werkzeug seines Oberherrn erscheinen müssen, selbst wenn er es nicht entfernt gewesen wäre; für den Herrn Roms wäre die Versuchung, einen Papst nach seinem Sinne auf den h. Stuhl zu setzen, fast zu groß gewesen, als daß er ihr widerstanden hätte, um so weniger, wenn dieser Herr ein Feind der Kirche gewesen wäre, denn die Feinde der Kirche haben sich von jeher am meisten in die Ange- legenheiten der Kirche eingemischt. Der Besitz des Kirchenstaats gab und gibt dem Papste die einzig mögliche würdige Stellung in den Welt- verhältnissen; ein mächtiger Monarch ist er durch den Kirchenstaat nicht geworden, denn der Kirchenstaat ist zu klein, als daß der Papst dem Heereszuge eines der Mächtigen dieser Welt zu widerstehen vermöchte; in diesem Falle muß ihm die Christenheit helfen, wie sie es bisher auch immer gethan hat. Der Kirchenstaat machte den Papst auch nicht zu einem reichen Fürsten, denn der Ertrag des Kirchenstaats hat noch nie- mals die Kosten gedeckt, welche dem Papste die geistliche Oberregierung der katholischen Welt verursacht; auch in dieser Hinsicht ist demnach der Papst an den Beistand der katholischen Völker gewiesen. In welche Gefahr der päpstliche Stuhl durch die Unterwerfung Roms unter einen weltlichen Herrn gekommen wäre, mag das Beispiel des Patriarchen in Konstantinopel lehren; dieser wurde von dem kaiserlichen Hofe abhängig, bald sein Werkzeug, bald sein Opfer, bald mit bald ohne seinen Willen in die Thronstreitigkeiten und andere politische Kämpfe verwickelt, so daß die Kirche des Morgenlandes (noch vor ihrer Auflehnung gegen den Papst und die Gemeinschaft mit der römisch-katholischen Kirche, und diese Auflehnung war theilweise selbst eine Folge ihrer Unfreiheit) in keiner Beziehung die wohlthätige Wirksamkeit der römisch-katholischen entfaltete, weder zur Veredlung der morgenländischen Christenheit noch in der Bekehrung ungläubiger Völker, und sich auch heutzutage nicht neben jene hinstellen kann. Der Papst und der Frankenkönig thaten, indem der eine gab und der andere annahm, was die damalige Welt- lage gebot, und sie bewiesen dadurch die wahre politische Weisheit, die ihnen nur Feinde oder Thoren zum Vorwurfe machen können. Sie unterstützten sich wechselseitig, was der Christenheit unendlich mehr frommte, als wenn sie mit einander wegen der Herrschaft über einen Landstrich Italiens gehadert hätten. Pipin zeigte durch seine Hand- lungsweise, daß er einen höhern Beruf als den eines gewöhnlichen Er- oberers in sich fühlte, wie auch schon das alte fränkische Volk, als es kaum der Barbarei zu entsteigen im Begriffe war, von dem Bewußtsein einer hohen Bestimmung durchdrungen war, was schon in dem Eingang seines Gesetzbuches durch die Worte ausgesprochen ist: das berühmte Volk der Franken, das von Gott gegründet ist (Francorum gens in- clyta a Deo condita).
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