1857 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
164 Das heilige römische Reich deutscher Nation.
sen Gründung seine Vorfahren so viel beigetragen hatten. Er nahm
den jungen Friedrich unter seinen mächtigen Schutz und erhielt ihn bei
seinem Erbe. Diesen nun griff Kaiser Otto Iv. an, obwohl er dem
Papste gelobt hatte, es nicht zu thun; auch sonst verfuhr Otto nicht an-
ders, als je ein Gegner des Papstes gethan hatte, und wollte noch
weniger als Friedrich I. das Eigenthum der Kirche gewährleisten; nach
mancher Warnung bannte der Papst den Kaiser (1210).
Der sogenannte vierte oder lateinische Kreuzzug (1202 — 1204).
Während Philipps und Ottos Streit um den Thron Deutschland
verwüstete, bewog der begeisterte Kreuzprediger Fulko von Reuilly auf
einem Turniere zmescy eine große Anzahl französischer Herren zu einem
Kreuzzuge. Sie wollten sich in Venedig einschiffen und schloßen mit die-
ser Republik einen Vertrag wegen der Ueberfahrt und des Proviants
ab; als sie aber bezahlen sollten, brachten sie die bedungene Summe nicht
zur Hälfte auf. Diesen Umstand benutzten die Venetianer, welche der
93jährige, fast erblindete, aber geistig ungeschwächte Doge Heinrich
Dándolo leitete, um sich der Kreuzfahrer für ihre handelspolitischen In-
teressen zu bedienen. Die französischen Ritter fanden den Antrag des
Dogen ganz annehmbar, daß sie vor der Abfahrt nach Palästina zuerst
die von Venedig abgefallene Stadt Zara (Jadera) in Dalmatien unter-
werfen und durch irgend eine Eroberung sich das bedungene Ueberfahr-
geld verschaffen sollten. Zara wurde erstürmt und geplündert und darauf
wußte der Doge die Anführer des Kreuzzuges zu einer Unternehmung
auf Konstantinopel zu bestimmen, obwohl Papst Znnocenz Iii. sie streng
abmahnte.
Das byzantinische Reich war damals in einem Zustande, welcher
die französischen Ritter, die zu kriegerischen Wagnissen, wenn diese Er-
oberungen oder Beute versprachen, fast ebenso geneigt waren, als zum
Kampfe gegen die Ungläubigen im heiligen Lande, zu einem Versuche
reizen mußte.
Kaiser Andronikus I. (1183 — 85), ein durch Ausschweifungen und
Grausamkeit gleich abscheulicher Tyrann, hatte durch den griechischen
Pöbel die in der Stadt Konstantinopel ansäßigen lateinischen Kaufleute
ermorden lassen, wofür ihn die Verwandten derselben im Bunde mit
den Siciliern bekriegten und Thessalonich plünderten; nach seiner Er-
mordung bestieg Isaak Ii. Angelus den Thron, ein schwacher, unfähiger
Mann, unter welchem sich 1186 ein walachisch-bulgarisches Reich zu
beiden Seiten des Hämus bildete, das den Byzantinern so gefährlich
als das erste bulgarische Reich wurde. Zsaak Ii. Angelus wurde durch
seinen eigenen Bruder Alerius Iii. gestürzt und geblendet (1195), einen