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1. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 200

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
200 Das heilige römische Reich deutscher Nation. kennen, und in dieser Zeit war es, wo auch im deutschen Reich die Nitterdichtung aufkam und schönere Blüten trieb als irgendwo (1150 bis 1240). Unter den Hohenstaufen, welche die Dichtkunst liebten und fast sämmtlich selbst Dichter waren, erreichte die Dichtkunst ihre höchste Vollendung durch Walter von der Vogelweide. Man nannte die Dichter Minnesänger, „Sänger der Liebe"; schon die alten Deutschen zeichneten sich im Gegensätze zu den Griechen und Römern durch ihre Hochachtung des weiblichen Geschlechtes aus, das Christenthum veredelte das ganze Verhältniß der Geschlechter, die Marienverehrung gab der Frauenver- ehrung überhaupt einen idealen, himmlischen Schwung. Schwache und Hilflose und somit vor allem die Frauen zu ehren und zu schützen hieß eine der ersten Pflichten des Ritterthums, den Frauen zu huldigen, indem man in ihrem Aufträge und um ihres Beifalles willen ritterliche Thaten ausführte, wurde zur Sitte (und früh genug zur Unsitte) der Zeit (Frauen- dienst). Die deutschen Minnesänger sangen aber nicht bloß den Preis edler Frauen, sondern zugleich auch der Heiligen, der Helden und des Vaterlandes; sie sangen von Frühlingslust und Vogelschall, vom Waldes- grün und dem Blumenschmelz der Haide; es ist auffallend, wie diese Kriegsmänner einen so offenen Sinn für die Schönheit der Natur hat- ten, während die klassischen Völker in dieser Weise kaum berührt wurden. Hieher gehören außer dem herrlichen und vielseitigen Walter von der Vogelweide die Dichter Heinrich von Veldegg, Wolfram von Eschenbach (der Parcival), Hartmann von der Aue (Jwein, Gregor auf dem Stein), Konrad von Würzburg, Gottfried von Straßburg; bis auf den letzten sind alle übrigen, und zu ihnen ließen sich noch gar viele Namen anreihen, Edelleute gewesen, und der ritterlich religiöse Geist der Zeit durchdringt deren Dichtungen, aber auch schon jener Geist, der unreine Liebesglut verherrlicht und nach der Emancipation des Fleisches von allen göttlichen und menschlichen Geboten sich sehnt (Gottfrieds von Straßburg Tristan und Isolde). In dieser Periode lebte auch der Dichter des großen Epos „der Nibelungen", dem die altheidnische Heldensage (Siegfried der Drachentödter, König Günther zu Worms, Brunhilde und Chriem- helde, der grimme Hagen, Dietrich von Bern, Etzel der Hunnenkönig) zu Grunde liegt; es ist auch dieses Geistes ein Nachklang aus der Zeit des heidnischen Germanenthums und der Stürme der Völkerwanderung, wo Rache, Kampflust und Beutegier die deutschen Mannen in immer erneuerten Kampf treibt und der Tod auf der Walstatt nach Walhalla führt. Zn den Nibelungen gehen die Helden einmal zur Kirche, aber um Streit anzufangen, der Sterbende denkt weder an Himmel noch an Hölle, sondern freut sich seiner Rache, der Trauer und des Weheklagens, das seine Hand bereitet hat.
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