1857 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Die Bürger.
201
Die Bürger.
Für die Städte hatten die Kreuzzüge unendlich wichtige Folgen; sie
brachten das Morgenland und Abendland nicht etwa bloß in feindselige
Berührung, sondern auch zugleich in den lebendigsten Handelsverkehr,
der jedesmal wieder angeknüpft wurde, sobald Waffenstillstand eintrat;
ohnehin waren die verschiedenen mohammedanischen Reiche im Morgen-
lande selten gleichzeitig mit den Christen im Kriege. Die italienischen
Seestädte hatten davon den größten Gewinn, namentlich Venedig, Ge-
nua und Pisa, denn diese kauften unmittelbar in der Levante ein und
versorgten ganz Europa mit den Erzeugnissen des Morgenlandes. Das
waren einmal die verschiedenen Gewürze, unter welchen Pfeffer und
Safran die Hauptrolle spielten, sodann Arzneien, Zucker, Gold, Silber,
Perlen und Edelsteine. Das Morgenland lieferte aber auch Kunstpro-
dukte und zwar die gleichen, durch welche sich Asien noch jetzt auszeich-
net: Waffen, als Schwerter, Dolche und Panzer; Geschmeide und
Schmuck jeder Art, Teppiche, Baumwollentücher mit trefflicher Färbung,
Seide, feines, schönfarbiges Leder, wie Saffian und Korduan u. s. w.
Die Europäer gaben dagegen kostbare Pelzwerke, Glas, in dessen Ver-
fertigung sich Venedig auszeichnete, verschiedene Metallarbeiten und vor
allem Leinwand. Mit den Italienern verkehrten zunächst die süddeutschen
Städte Augsburg, Ulm, Lindau, Konstanz, Regensburg, Wien u. s. w.
und versorgten die norddeutschen, welche in England, Polen, Rußland
und den skandinavischen Reichen den Absatz ihrer Maaren bewerkstellig-
ten. Da dieser Handel ausschließlich in den Händen der Städte war
und sie von keiner Seite her eine Konkurrenz hatten, so mußte er sehr ein-
träglich sein. Zu diesem Zwecke bildeten die Kaufleute, die Großhändler,
geschlossene Verbindungen, welche im allgemeinen Hansen genannt wur-
den; dieser Name verblieb dem Bunde der norddeutschen Handelsstädte.
Aller Gewerbfleiß hatte sich in die Städte eingebürgert, welche in ihrer
Umgebung, auf dem Lande, den sichersten Markt fanden, während die
Kaufleute das Geschäft des Verkaufs in die Ferne besorgten; so kamen
z. B. aus England Wolle und Felle in norddeutsche Hansestädte und
kehrten als Tuch und Leder wieder dorthin zurück. Auch die Handwerker
thaten sich zusammen in Genossenschaften, in Zünfte, Innungen und Gil-
den, und ordneten und regelten sie durch Gesetze, die streng beobachtet
werden mußten. Je mehr die Handwerker an Zahl und Wohlstand
Zunahmen, um so weniger duldeten sie in die Länge die Herrschaft der
Aristokratie, welche von den ritterbürtigen Bürgern ausgeübt wurde,
und später finden wir fast überall die Handwerker im Aufstande gegen
die aristokratischen Magistrate, in Italien noch früher als in Deutsch-
land. Doch gelang es in Venedig, daß sich eine Oligarchie von 300