1861 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Weber, Georg, Schröer, Tobias Gottfried
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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wohnte. Schminke und kosmetische Schönheitsmittel waren gleich gesucht
von Männern und Frauen. Die Lüge erstreckte sich selbst auf die
Gestalt.
Auch auf Gewerbe, Künste, öffentliche Anstalten und Bauwerke konnte
die Rückwirkung nicht fehlen. Den Circus umgaben goldene Gitter. Die
Arena verwandelte sich bald in einen künstlichen Wald, Garten, See, oder
in eine Sandwüste. Die kaiserlichen Stühle waren mit Gold und Edel-
steinen geziert. Reichthum und Pracht stiegen in's Unglaubliche. Die
Gebäude der älteren Zeit waren weniger zum Gebrauch und Nutzen des
Privatlebens als für religiöse Zwecke, für den Glanz des Staates, für
das öffentliche Volksleben bestimmt. Dies änderte sich mit der Zeit.
Paläste, welche Städten glichen, was besonders von Nero's „goldenem
Hause" gilt, Landhäuser von ungeheurem Umfang, Heerstraßen, Bäder,
und andere zum Nutzen und Gebrauch im Leben bestimmte Gebäude wur-
den mit einem Luxus und einer so übermäßigen und kunstreich ausstudirten
Bequemlichkeitsliebe ausgesührt, wie sie nur die Genußsucht und Ueppig-
keit einer tief verderbten Zeit hervorzurufen im Stande waren. Von dem
Throne herab verbreitete sich das Verderbniß allmählich durch alle Schich-
ten des Volkes. Religion, Sitte, Achtung und Vertrauen schwand aus
dem öffentlichen Leben. Die Götter galten nicht mehr, seit Commodus
und Caracalla göttliche Anbetung erhielten und die kaiserliche Würde ward
nicht geachtet, da sie das Spielzeug roher Soldaten geworden war.
Wir sehen die Kraft des Volkscharakters sich veräußerlichen und mehr
und mehr in der glänzenden Außenseite aufgehen, bis der innerliche Kern
sich völlig verflüchtigt hat, und die hohle Schale zusammenbricht, jeder
geistigen Stütze entbehrend. Dasselbe Bild wiederholt sich in der Literatur
dieser Zeit, mit wenig Ausnahmen.
8. 2. Römische Literatur.
Mit dem Zeitalter der Antonine begann in der römischen Literatur
eine neue Epoche. Schon Hadrian hatte zu Rom ein Athenäum gestiftet,
eine Art von Akademie, an welcher vom Staate besoldete Lehrer, Dichter
und Rhetoren öffentliche Vorlesungen hielten. Die folgenden Kaiser woll-
ten in diesen Bestrebungen nicht Zurückbleiben, sondern auf der einmal
eingeschlagenen Bahn der öffentlichen Bildung weiter schreiten. Die Wis-
senschaft, früher nur Lieblingsbeschäftigung einzelner durch Natur und Glück
Begabter, wurde nach und nach ein zünftiges Gewerbe, wie wir uns dies
auch aus der Verfallszeit des griechischen Volkes erinnern, und um so
mehr, als die philosophischen Schulen, um welche es sich allerwärts
zunächst handelte, ohnehin aus fremdem Boden nach Rom verpflanzt
waren.