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1. Geschichte des Mittelalters - S. 90

1861 - Leipzig : Brandstetter
90 Diese asiatischen Barbaren schienen für nichts Sinn zu haben. Die Pracht der Städte rührte sie nicht, sie nannten sie „Gräber der Lebendi- gen"; die Schönheit der Künste war ihnen gleichgültig. Unter ihren Streichen stürzten die Werke der Civilisation zusammen und Wildniß und Gesträuch bedeckte bald die Stätte blühender Gegenden. Unaufhaltsam und unwiderstehlich wälzte sich der Strom vorwärts, eine Einöde hinter sich lassend. Wo der Huf von Attila's Pferd hintrat, heißt es in einem alten Volksliede, da wuchs kein Gras mehr. Schon hatte Attila den griechischen Kaisern Jahrgelder abgezwungen, und drang nun unaufhaltsam durch Deutschland nach Gallien, bezwungene Könige sammt ihren Völkern in seinem Siegeszuge mit sich fortreißend. Doch sollte auch ihm die Grenze gezeichnet sein. In einem kleinen Land- striche Galliens gelang es dem römischen Feldherrn Aetius, sich den sonst allenthalben siegreichen Barbaren gegenüber zu behaupten. Im Ver- ein mit Theoderich, König der Westgothen, beschloß er dem Eroberungs- zuge des Attila ein Ziel zu setzen. In der catalaunischen Ebene, welche sich viele Meilen weit bei C Halo ns an der Marne hinzieht, standen die Völker von der Wolga bis zum abendländischen Meere kampf- begierig einander gegenüber. Es war dies einer der großen Wendepunkte in der Geschichte; der Kampf der europäischen Civilisation gegen die asiatische Barbarei, wie ihn einst die Griechen in ihrem Streite mit den Persern ausgefochten hatten. Attila sprach zu seinem Heere in kurzer Rede von „der Wonne des blutigen Kampfes"; „da stampften die Rosse, es klirrten die Waffen, das Schlachtgeschrei gellte von Glied zu Glied" und ein grimmiges, hartnäckiges Metzeln begann, das um so blutiger war, als es ohne alle Kriegskunst geschah. Theoderich fiel und wurde unter den eigenen Pferden zertreten. An 300,000 Todte sollen auf der Wahl- statt gelegen sein, Niemand hatte entscheidend gesiegt. Attila aber zog Siegen ablegten; die Decken ihrer Pferde, ihre Schwerter und selbst ihre Schuhe waren mit Gold und kostbaren Steinen ausgeschmückt. Der Einzug des Hunnenkönigs in seine hölzerne Stadt bot den Römern einen merkwürdigen Anblick dar. Eine zahlreiche Schaar von Weibern ging hervor, ihn zu begrüßen. In zwei lange regelmäßige Reihen eingetheilt, gingen sie dann vor ihm einher und trugen über ihren Häuptern große weißleinene Tücher und zwar so, daß diese von der einen Reihe querüber nach der andern ausgespannt waren. Auf diesen Tüchern, welche die Frauen von beiden Seiten sesthielten, standen junge Mädchen, welche in hunnischer Sprache Lieder zu Ehren des Königs Attila sangen. Auf dem Wege nach seinem Palaste trat ihm die Frau seines Lieblings Onegestnö, umringt von einer Anzahl dienender Frauen, entgegen und begrüßte den König an der Thür ihrer Wohnung. Sie bot ihm nach hunnischer Sitte Wein und Meth an, welchen sie für seinen Empfang zubereitet hatte. Der Fürst nahm ihre gastfreundliche Gabe an; da hoben seine Diener einen kleinen silbernen Tisch zu einer schicklichen Höhe, während der König aus dem Pferde sitzen blieb, und nachdem Attila den Becher an die Lippen gesetzt und ein Wenig daraus getrunken hatte, begrüßte er die Frau des Onegesius wieder und setzte seinen Weg fort
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