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1. Geschichte des Mittelalters - S. 249

1861 - Leipzig : Brandstetter
249 wie Gäste und Freunde. Von den Bewohnern Jerusalems verlangte er ein mäßiges Lösegeld; Niemanden beschädigte er an Gut und Leben. Zur Herbeischaffung des Lösegeldes gab er 40 Tage Frist; da Viele auch dann noch nicht zahlen konnten, ließ er sie frei von dannen ziehen und alle ihre bewegliche Habe mit sich fuhren. Bis zum Ablauf der Zahlungsfrist blieb das türkische Heer außerhalb der Thore. Die Straßen der Stadt wurden bewacht, nicht die geringste Gewalttätigkeit fiel während dieser Zeit vor. Endlich zogen die auswandernden Christen durch das Thor David's an Saladin vorüber; zuerst die Königin, der Patriarch, dann die Ritter, zu- letzt das Volk. Da flehten die Weiber und Kinder der in der Schlacht Gefangenen um Gnade. Saladin, bis zu Thräneu gerührt, schenkte allen Gefangenen die Freiheit, den Wittwen und Waisen der Gefallenen aber schenkte er Geld. Von 220,000 Goldstücken hatte Saladin nach dem Ab- zug der Christen aus Jerusalem nichts mehr übrig. Es war Alles ver- schenkt. „War er auch kein Christ, so hat er doch gefühlt und gehandelt als Christ, christlicher als mancher äußerliche Bekenner des Evangeliums!" Dies Zeuguiß ist dem Saladin im Munde der Geschichtsschreiber ein- stimmig geblieben. Auf die Kunde, daß Jerusalem in die Hände der Muselmänner zu- rückgefallen sei, durchdrang ein Schrei des Entsetzens das christliche Abend- land. Der Papst rief von Neuem die Christen auf, nach Palästina zu ziehen, und das heilige Grab wieder zu erobern. „Ihr hörtet," heißt es in dem päpstlichen Schreiben, „welch schreckliches Gericht des Herrn über Jerusalem erging; ein Gericht, welches uns so betäubt, so in den tiefsten Schmerz versenkt, daß wir kaum wissen, was zu sagen, was zu thun sei, und mit dem Propheten ausrufen möchten: Ach, daß meine Augen Thränen- quellen wären, daß ich Tag und Nacht beweinen könnte die Erschlagenen in meinem Volke! Aber nicht nur die Bewohner jenes Landes sündigten, sondern auch wir. Zwischen Königen, Städten und Fürsten ist Aergerniß und Streit; es ist, wie die Schrift sagt, keine Treue, keine Liebe, kein Wort Gottes im Laude, sondern Gotteslästern, Lügen, Stehlen hat über- hand genommen und es kommt eine Blutschuld über die andere. Darum wendet eure Herzen und gebt, der Vergänglichkeit alles Irdischen eingedenk, eure Güter dem Herrn; ja gebt ihm euch selbst. Nehmt den Augenblick der Gnade wahr, errettet das Land, in dem der Brunnenquell des Glau- bens entsprang, und vergeßt, nun der Himmel zu gewinnen ist, alle irdi- schen Zwecke." Auch an den Kaiser Friedrich erging die Aufforderung des Papstes, und in seinem siebenzigsten Jahre krönte er sein ruhmvolles Leben durch eine letzte glänzende That. Als er sich, so wird erzählt, nach seiner Ge- wohnheit, bald nach der unglücklichen Schlacht bei Legnano, vorlesen ließ, und zwar aus dem Leben Alexander des Großen, da sprach er: „Glück- seliger Alexander, der du Italien nicht sähest! glücklicher wäre auch ich, wenn ich nach Asien gezogen wäre."
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