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1. Geschichte des Mittelalters - S. 316

1861 - Leipzig : Brandstetter
316 ifyreg Vaterlandes schöne Werke zu schaffen, ohne an die Verherrlichung ihres eigenen Namens zu denken. Hohe Spitzbögen, mit Kronen, Kreuzen, steinernen Blumen oder Laub- werk geschmückt, schlanke Säulen von staunenswürdiger Höhe, ohne Kapi- tale, um biegsamer zu erscheinen, Pfeiler, die in kaum erreichbarer Höhe sich palmähnlich in zahllose Zweige spalten und am Gewölbe künstlich durchkreuzen, findet man in den gothischen Kirchen. Ein Dom umfängt die dreieinige Gottheit sammt ihren Heiligen, eine feste, dicke Mauer um- schließt die Glieder der Gemeinde, über alle wölbt sich ein Dach, wie der Himinel über die Erde. Die Kirche ruht auf der bedeutsamen Gestalt des Kreuzes, der Eingang, das Fundament gegen Abend, der Hochaltar, des Kreuzes Spitze gegen Morgen gerichtet. Denn im Lande des ewigen Morgens starb der Erlöser am Kreuze; gegen Morgen gewendet bringt der katholische Kultus noch täglich das Opfer des Gebetes, begeht noch täglich das feierliche Mahl des Gedächtnisses. Auf das Abendland gerichtet war des Erlösers Blick; auf diesen Fels baute er seine Kirche; darum ruhte das Fundament im Abend. Die Kirche als Gesellschaft war etwas vom Staate Gesondertes; so ist in jeder das hohe Chor vom Schiffe ge- sondert und eine kleine Kirche für sich. Draußen aber im Freien strebte Alles zum Himmel, nach dem Unendlichen. Es gleichen diese Kirchen mit ihren künstlich durchbrochenen hohen Thürmen, die so leicht und luftig sind, daß sie kaum die Erde zu drücken scheinen, mit ihren reich verzierten Portalen, mit ihren Kronen, Kreuzen, Zacken, Spitzen, Statuen, Drachen, Knospen und Laubwerk von Stein, einem Stoffe, der, vormals weich und bildsam, in freier Luft in regelmäßigen Krhstallen zum Himmel angeschossen ist, einer phantastisch blühenden Pflanzenwelt, die sich versteinert hat. Das heitere Licht des Tages fällt durch hohe Bogenfenster, aber die köstlichste Glasmalerei mildert mit brennenden Farben die allzugroße Licht- masse und wirft eine Dämmerung über die inneren Verhältnisse, die da- durch erst in vollkommene Harmonie treten Die Breite der Kirche ist sehr gering im Verhältniß zu ihrer Länge. Dadurch aber erhält das In- nere jene schwindelnde Höhe, die fromme Gemüther mit Andacht füllt und in weltlich zerstreuten doch wenigstens ein Gefühl der Ehrfurcht erweckt, dem Niemand so leicht wird widerstehen können. Wenn in dem Tempel die Gemeinde sich zu frommer Andacht versam- melte, dann begleitete Musik den Gottesdienst. Karl der Große schon hatte kunstverständige Sänger aus Rom für den Kirchengesang berufen. Aus Griechenland erhielt er Orgeln, deren eherne Röhren durch Blase- bälge gefüllt wurden und abwechselnd „sanft und gewaltig wie Donner" ertönten. Außerdem werden viele Instrumente genannt, die schon in früher Zeit gebraucht wurden, wie Harfen, Geigen, kriegerische Blasinstrumente. Der Tonsatz aber war unvollkommen und einförmig, da man nur lange und kurze Noten kannte und von keiner Takteintheilung wußte. Um die
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