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1. Geschichte des Mittelalters - S. 403

1861 - Leipzig : Brandstetter
403 §. 4. Blüthe der Wissenschaft und Poesie in Italien. Im dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert beschränkte sich die abend- ländische Weisheit auf den italienischen Boden, wo Fürsten, Prälaten, Städte und reiche Familien in Beförderung und Pflege der Künste und Wissenschaften und ihrer Träger mit einander wetteiferten und wo an den berühmten Universitäten Bologna und Padua die tiefsinnigsten Theologen, die gelehrtesten Juristen, die scharfsinnigsten Grammatiker, die genauesten Mathematiker und Naturforscher lehrten, wo aller Glanz, alle Kultur, alle geistige Regsamkeit der mittelalterlichen Welt sich beisammen fand. Unter den Mediceern wurde besonders Florenz der Mittelpunkt der wissenschaftlichen und künstlerischen Bestrebungen, welche sich von da durch ganz Italien, und bald, auch die Grenzen überschreitend, in Frank- reich, England und Deutschland verbreiteten. Den Grund zu dieser Bil- dung, „der humanistischen," wie man sie nannte, baute man auf das Studium des Alterthums. Den Scholastikern gegenüber wurden die alten griechischen und römischen Dichter und Philosophen auf's Neue an's Licht gezogen und ihre Schätze ausgebentet, um die entartete christlich- philosophische Richtung zu vernichten und ein neues Gebäude auf dem alten Fundament aufzurichten. Wie eifrig diese Studien betrieben wurden, be- zeugen die zahlreichen im Laufe des fünfzehnten Jahrhunderts in den Städten Italiens errichteten Gymnasien und Universitäten, Kunstschulen und Akademien. Nach Florenz und Rom berief man byzantinische Gelehrte, um die griechischen Studien zu leiten. Mit feuriger Wißbegierde verlegten sich die Toseaner auf das Studium der griechischen Sprache, welches durch Ausgewanderte aus Thessalonika und Konstantinopel erleichtert ward. Bald auch verdrängteein klassisches Latein die barbarische Sprache der Scholastiker und das Mönchslatein des Mittelalters. Solche Bestrebungen übten ihren Einfluß indeß nicht nur im Kreise der Gelehrsamkeit; der Rückschlag auf Religion und Moral hielt der günstigen Errungenschaft das Gegengewicht. „Die Anhänger der platonischen Weisheit, die Akademiker, und der aristotelischen Philosophie, die Peripatetiker, die zwei feind- liche Parteien bildeten, vergaßen das Evangelium und die christliche Welt- anschauung über den Lehren ihrer Meister." Man fand Gefallen an den heidnischen Vorstellungen und Ansichten und überließ die Lehren des Christenthums dem ungebildeten Theile des Volkes. Aberglauben und Unglauben gingen Hand in Hand und die sittliche Verdorbenheit, deren wir in der Geschichte der letzten Päpste gedacht, konnte Raum finden neben der glänzendsten Geistesbildung und dem gelehrtesten Wissen. Doch wenden wir uns zu einer in ungetrübtem Glanze strahlenden Seite des italienischen Geisteslebens am Schluß des Mittelalters, zu seiner Poesie, in welchem es unbestritten den Gipfel der Kunst und die Krone des Ruhmes errang. 26*
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