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1. Geschichte des Alterthums - S. 240

1861 - Leipzig : Brandstetter
240 Rechtsformen nach Willkühr diejenigen, welche ihm im Wege standen, an Gut, Leib und Leben bestrafen ließ. Rom schien zu jener Zeit zehn Kö- nige zu besitzen, deren ein Jeder sich die ganze königliche Gewalt anzu- maßen trachtete, Jeder die Ehre der zwölf Liktoren mit Ruthen und Beil für sich in Anspruch nahm, so daß im Ganzen einhundert zwanzig solcher königlicher Boten in der Stadt ihres Amtes warteten. Jede Ungerechtig- keit war den allmächtigen Decemvirn gestattet, die ihrerseits nun auch die Uebergriffe ihrer Standesgenossen nicht nur duldeten, sondern begünstigten, um ihrer eigenen Macht sicher zu sein. Die Zeiten des letzten Tarqui- nius schienen zurückzukehren und sein klägliches Ende ward von den über- müthigen Machthabern nicht als Mahnung erkannt. Ein beliebtes Auskunftsmittel des Claudius war es, diejenigen Bür- ger, welche er wegen ihrer Gesinnung und wegen ihres Einflusses zu fürchten hatte, bei feindlichen Ueberfällen an den gefährlichsten Stellen ab- sichtlich dem Untergange entgegen zu senden. Auf diese Weise ward einer der edelsten und volksfrcundlichsten Patricier, Siccius Dentatus, be- seitigt, welchen Claudius auf einem Streifzuge sogar durch seine eigenen Leute ermorden ließ. Wurde auf solche Weise das Heer durch die Frevelthaten jenes rohen Patriciers beunruhigt, so war dies nicht weniger in Rom der Fall, wo, wie unter den Tarquiniern, die Familienehre, der häusliche Heerd nicht mehr sicher war vor Gewaltthat und Beschimpfung. — Ein Frevel, ähn- lich wie der, durch welchen Septus Tarquinius einst der Lucretia den Tod brachte und zur Vertreibung seiner Familie und Aufhebung der Königs- würde Veranlassung gab, machte das Maaß voll und befreite Rom von der verhaßten Zwingherrschaft. Um sich einer schönen Jungfrau, der Vir- ginia, Tochter eines angesehenen Plebejerführers und Verlobte des Volks- tribuns Jcilius, zu bemächtigen, beredete der Decemvir einen seiner Klienten, das Mädchen für eine ihm zugehörige entlaufene Sklavin aus- zugeben und gerichtlich zurückzufordern. Als Claudius in öffentlicher Gerichtssitzung das Urtheil sprach, welches die edle Jungfrau in seine Ge- walt bringen sollte, ergriff der indeß aus dem Lager herbeigerufene Vater ein Messer aus einer in der Nähe befindlichen Fleischerbude und stieß es seiner Tochter in's Herz mit den Worten: „Nur so kann ich, liebes Kind, dir deine Ehre und Freiheit retten!" Der Aufruhr des Volkes brach jetzt unwiderstehlich los. Erschrocken wichen die Gerichtsdiener zurück; die Beile wurden ihren Händen entrissen, die Ruthenbündel in Stücken zerbrochen. Appius Claudius, der vergeblich zu sprechen versuchte, verhüllte das Haupt und entfloh aus der Versammlung. Draußen aber vor den Thoren ver- ließ das Heer seine Führer und lagerte sich zum zweiten Male auf dem Heiligen Berge in entschlossener Haltung, bereit, gegen die Stadt anzu- rücken. Jetzt beschloß der Senat die Aussöhnung um jeden Preis zu erringen. Wie einst Menenius Agrippa, so wurden jetzt die bei dem
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