1798 -
München
: Lindauer
- Autor: Westenrieder, Lorenz
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
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der Herzog von Schwaben als Schenk, und der Her-
zog von Franken als Truchseß.
Nun dachte Otto, wie er das werden möchte,
was einst Carl, der Große war, — Herr von Deutsch-
land. Er mußte dem zu Folge die deutschen Herzoge
und andere Stände neuerdings unterdrücken, und ih-
nen nehmen, was sie eben zu besitzen angefangen hat-
ten. So gieng er es an. Er sah, wie die Geistlichen
unter den Carolingern, und seit deren Zeiten, vorge-
rückt waren. Dieses Vorrücken war ganz natürlich. •
Die Geistlichen waren, (wie obens.24vvrkam,) als
die vorzüglich und fast einzig brauchbaren Männer,
von jeher die ersten Minister, Kanzler, Gesandte, und
sogar die Generalen der Könige; sohin mochten sie
bald auf den Gedanken verfallen, daß sie zu gut,
und-zu vornehm wären, um noch Untergebne fürstli-
cher und gräflicher Statthalter, deren Befördrer sie
meist waren, zu seyn. Die Könige machten sie daher
häufig unmittelbar, und verliehen ihnen anbey ver-
schiedue, dahin geeignete, Freyheiten, als das Münz-
recht, das Zollrecht, die Marktgerechtigkeit u. d. gl. Otro
sah bald, wie nützlich ihm die Geistlichen werden könn-
ten, wenn er sie noch mächtiger machen, und dann
zur Bezähmung der weltlichen Fürsten gebrauchen
würde. Er handelte demnach ohne weiters, als wenn
er schpn Herr von Deutschland wäre , und verschenkte
an Bischöfe und Prälaten ganze Grafschaften, und
Herzogthümer. So sahen die deutschen Herzoge und
Fürsten in der Mitte ihrer Staaten plötzlich neue Staa-
ten entstehen. Er besetzte anbey die ersten deutschen
Lander mit seinen Anverwandten, zog die Kammergü-
ter der ehmaligen Herzoge zum Eigenthum und Genuß
der konigl. Kammer ein, und stellte in jeder Provinz,
vorzüglich in Lothringen, Sachsen, Schwaben und
Baiern, eigne königliche Richter, ( dergleichen schon
ehmals am Hof der Carolinger aufgestellt waren ) odee
Pfalzgrafen auf, welche die von der Gerichtsbarkeit
der Herzoge befreyte Stände richten, und die, itzt kö-
niglichen Kammergüter verwalten sollten. Jeder geists