1858 -
Berlin
: Nauck
- Autor: Wernicke, Carl
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
Iv. Abschn V. 1250—1517 n. Chr. 2. Kap. Ausb. d. königl. Gewalt. 125
daß sie nur Calais, Bordeaux und Bayonne behielten. Da
aber sein Sohn und Nachfolger Karl Vi. in Wahnsinn ver-
fiel (Spielkarten), und seine Oheime, der mit der Königin
Jsabeau verbundene Herzog Ludwig von Orleans und der
Herzog Johann der Unerschrockene von Burgund, sich nun um
die Vormundschaft stritten, entstand in Frankreich große Ver-
wirrung, in welcher der Herzog von Orleans ermordet wurde.
Dies benutzte König Heinrich V. von England. Er erneuerte
den Krieg, siegte
1415 in der Schlacht bei Azincourt, eroberte die Normandie,
und verband sich mit Philipp von Burgund. Im Jahre 1420
wurde durch einen Vertrag mit Heinrich zu Troyes sogar der
Sohn Karls (der Dauphin) vom Throne ausgeschlossen, und
der König vvn England als Regent und Thronfolger in Frank-
reich anerkannt. Dennoch nannte sich nach dem i. I. 1422
erfolgten Tode Heinrichs und Karls der Dauphin „König"
(Karl Vii); er verlor aber das ganze nördliche Frankreich,
uno auch Orleans wurde von den Engländern unter Talbot
belagert. Da erschien den Franzosen unerwartete Hülfe durch
das Auftreten der durch eine Vision begeisterten Jeanne
d'are (der Jungfrau von Orleans), eines Landmädchens aus
Domremy bei Vaucouleurs (der Ritter Baudricourt. Agnes
Sorel. Dunois), welche Orleans entsetzte, und den König i. I.
1429 zur Krönung nach Rheims führte. Zwar gerieth sie bei
Compiegne in die Gewalt der Feinde, und wurde i. I. 1431
von den Engländern zu Rouen verbrannt (der Bischof Canchón),
ohne daß der König etwas zu ihrer Rettung gethan hätte;
dennoch aber verloren die Engländer nach Talbots Tode ihre
sämmtlichen Besitzungen in Frankreich außer Calais.
§. 108.
Ludwig Xi. — Karl der Kühne von Bur-
gund. — Karls Vii. Sohn, Ludwig Xi. (1461—1483),
war ein tückischer Tyrann, der durch Verstellung, Trug und li-
stige Ueberredung die Macht der Vasallen zu vernichten und
die königliche Gewalt unumschränkt zu machen wußte < Spione;
Briefpoft). Eine durch seine Gewaltthätigkeiten gegen ihn her-
vorgerufene Verbindung mehrerer der angesehensten Vasallen
trennte er durch Ränke aller Art; aber einen harten Kampf
hatte er zu bestehen gegen Karl den Kühnen, den mäch-
tigen Herzog von Burgund, einen tapferen, aber harten
und ländersüchtigen Mann, der ihn sogar zu Peronne gefangen
nahm und zu einem schmachvollen Vertrage zwang. Gegen
ihn verband sich Ludwig mit der Schweiz und Lothringen.
Karl hatte vergeblich durch Kaiser Friedrich Iii. den Köuigs-
titel zu erhalten gesucht, und bedrückte nun een ihm verpfän-