1858 -
Berlin
: Nauck
- Autor: Wernicke, Carl
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
Ii. Abschn. V. 1648-1789 n. Chr- 2. Kap. Zeitalker Ludw. Xiv. 173
Frieden von Wien beendigt, in welchem Karl Lothringen an
die spanischen Bourbons überlassen mußte, um die von ihm
i. I. 1713 errichtete pragmatische Sanction, ein Haus-'
gesetz, nach welchem alle österreichischen Länder dem Erstgebornen
auch in weiblicher Linie ungetrennt zufallen sollten, von allen
Mächten anerkannt zu sehen. Dennoch gerietst bei seinem Tode
1740 seine Tochter Maria Theresia in gefährlichen Kampf mit
Baiern und besonders mit Friedrich Ii. von Preußen.
Religiöser Zustand Deutschlands. — Vergeblich waren alle
Versuche zu einer Wiedervereinigung (Union) der Protestanten und
Katholiken. Auch nach dem westfälischen Frieden dauerten die Be-
drückungen der Protestanten nicht nur in Ungarn und Polen (Thorner
Blutbad i. I. 1724), sondern auch in einzelnen Gegenden Deutsch-
lands fort, und besonders heftig wurden sic in Salzburg zu Anfang
des 18. Iahrh. verfolgt. Tausende wanderten deshalb i. I. 1731 aus,
und fanden brüderliche Aufnahme bei den übrigen Protestanten, be-
sonders in Preußen. — Ebenso dauerte auch der Kampf der Luthe-
raner gegen die Resormirten mit gleicher Heftigkeit fort tpaul Ger-
hard verläßt Berlin 1666); in der lutherischen Kirche aber ging der
lebendige Glaube immer mehr unter in eine tobte Rechtgläubigkeit,
die das Wesen des Chriftenthums in buchstäbliches Festhalten an der
Lehre der Reformatoren und Bekämpfung der Katholiken setzte. Sol-
cher unfruchtbaren Rechtglänbigkeit stellte sich namentlich Phil. Jak.
Spener (ge st. 1705 als Propst zu Berlin) entgegen, indem er darauf
drang, daß sich der Glaube auch im Leben wirksam er>veisen müsse.
(Seine Anhänger wurden von ihren Gegnern mit dem Spottnamen
„Pietisten" oder Frömmler bezeichnet.) Roch segensreicher wirkte
zur Belebung wahrer Frömmigkeit um's I. 1700 Aug. Herrn-
Franke, (gcb. zu Lübeck 1663, geft. zu Halle 1727), der Stifter
des höllischen Waisenhauses, während zu gleicher Zeit der Philosoph
Thomasius als Bekämpfet des Aberglaubens auftrat und den
Herenprocessen ein Ende machte. — Der fromme Sinn Francke's
übte besonders großen Einfluß auf den Grafen von Zinzendorf
(1700—1760), der auf seinen Gütern den verfolgten böhmischen Brü-
dern (§. 102.) eine Zuflucht gab und ans ihnen die Kolonie Herrn-
Hut bildete. So wurde er Gründer der böhmisch-mährischen
Brüdergenieine, deren erster Bischof er war.
Im ähnlichem Sinne stiftete John Wesley in En gland, (1703
bis 1791) eine Gemeinschaft zur Uebung christlicher Frömmigkeit, die
sich bald zu einer Kirchengesellschaft erweiterte, von den Gegnern
Methodisten genannt, als hätten sie eine besondere Methode der
Frömmigkeit.
Den segensreichsten Einfluß hatten die Methodisten wie die Pie-
tisten und die Brüdergemeine auf die Verbreitung des Chri-
ftenthums unter den Heiden durch Griindung von Missions-
gesellschaftcn, und namentlich sind die von Halle ausgesandten Missio-
nare seit dem Anfang des 18. Iahrh. in Ostindien, und die der
Brüdergemeine in Grönland, unter den Sklaven in Amerika und
unter den Hvttcntoltkn in Afrika mit herrlichem Erfolg lhätig ge-
wesen.