1836 -
Stuttgart
: Belser
- Autor: Bauer, Ludwig Amandus
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Die Völkerwanderung.
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bern und Kindern wurden in Thraeien ausgenommen,'
doch stellte Valens die Bedingung, daß sie zum Christen-
thume überträtcn, welches ihnen durch Gefangne schon
100 Jahre früher bekannt geworden war. Bischof Ut-
p hi las oder Wulstlas (Wölste), Abkömmling Kriegsge-
fangner, die man aus Kappadvcien weggeführt hatte, be-
kehrte mit großem Eifer Fürsten und Volk, bildete aus
griechischen und römischen Buchstaben ein Alphabet und
arbeitete die Bibelübersetzung aus, deren Bruchstücke das
älteste Denkmal deutscher Sprache sind. Von den West-
gothen gieng das Christenthnm auf andre deutsche Stäm-
me, Ostgvthen, Vandalen, Burgunder, über, jedoch nicht
die orthodoxe, sondern die semiarianische, 359 zu Arimi-
num und Seleucia festgesetzte Lehre, daß der Sohn zwar
nicht gleichen, aber doch ähnlichen Wesens mit dem Vater
sey. Jndeß hatten des Kaisers Diener den Befehl, bei
der Ueberfarth die Westgvthen zu entwaffnen, bestochner-
weise schlecht erfüllt; Ostgvthen unter Alatheus und Sa-
phax kamen, ohne zu fragen, bei Nacht ebenfalls über
die Donau, und Lu p i ein ns und Maximus, römische
Befehlshaber in Thraeien, faßten den unheilvollen Ent-
schluß, den Deutschen durch Mangel an Proviant alles,
was sie hätten, abzupresscn. Bereits wurden gegen elende
Nahrungsmittel Kinder Zur Sklaverei ausgeliefert, als
Lupicinus den Fridigern und Alaviv nach Marcianopel
eintnd. Während sie im Pallaste schmausten, wies man
hungrige Gothen an den Stadtthoren ab; hieraus ent-
standen Händel, wobei einige Römer getödtct wurden;
von Zorn und Wein erhitzt, ließ Lupicinus auf die Leib-
wache der beiden Fürsten einhauen; sie hörten das Mord-
geschrei, machten sich mit gezückten Schwertern Bahn aus
der Stadt, und führten ihr Volk siegreich gegen die Rö-
mer; ein zweites Heer, welches Valens von Antiochien
her sandte, focht ohne Entscheidung; endlich schlug der
Kaiser selbst unter den Mauern Adrianopels ein Lager
auf, und übereilte die Schlacht, um nicht mit Gratian,
der ihm Hülfe bringen wollte, den Ruhm theilen zu mns»