1837 -
Stuttgart
: Belser
- Autor: Bauer, Ludwig Amandus
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
14
Erstes Hauptstück.
geschmolzen werden. Am unmittelbarsten wirken Musik
und bildend e Künste aufs Leben ein: die edeln Zügen ei-
nes Gemäldes haften in unserm Auge, die Töne eines
Liedes hallen in der Seele fort, harmonische Eindrücke,
welche das Auge oder das Ohr empfangen hat, begleiten
uns zur Arbeit wie zur Ruhe, und'gehen als ein neues
Element in das Spiel unsrer Gedanken über. Die Musik
war erst während des Mittelalters auf eine Bahn ge-
bracht worden, wo sie in wahrem Sinne als Kunst sich
entfalten konnte. Es wurde nämlich bei mehreren Rcgi.
stern der Orgel, wenn man den ersten Ton anschlug, zu-
gleich immer der dritte oder fünfte gehört. Nachdem sich
das Ohr an diesen Zusammenklang gewöhnt hatte, ver-
suchte man die Anwendung beim Gesang, und kam zu der
Einsicht, daß noch gar "manche andre Accorde möglich
seyen. Der um dieselbe Zeit erfnndne Takt bot ein Mit-
tel dar, um der Verwirrung auch dann vorzubeugen, wenn
die sich begleitenden Töne nicht genau neben einander her-
liefen. Bald wagte man es daher, die Stimmen nach
Art eines Kanons einander folgen,'einander unterbrechen
zu lassen; dieselbe Melodie wurde in verschiednen Ton-
verhältnissen durchgeführt, oder auch eine zweite mit der
ersten verschränkt. So ist durch den Schvlastikus Franko
von Köln, der um 1066 den Takt erfunden hat, durch
Marchettus von Padua, der um 1270, durch Johannes
de Muris, der um 1500 in Paris gelebt hat, allmählig
der Mensural- und Figuralgesang ausgebildet worden. Um
1522 eiferte Johannes Xxii. in einer Bulle wider die
neuern Singweisen; allein sie drangen unaufhaltsam durch,
und die wohlhabenden Städte der Niederländer brachten
eine lange Reihe ausgezeichneter Musiker hervor; unter
ihnen Johann Tinctvr aus Nivctle, Musikdirektor König
Ferdinands von Neapel, zugleich ein geschickter Mahler,
Nicciafort, Willaert, Mouton, Verdelot, Gombert, Lupius,