1838 -
Stuttgart
: Belser
- Autor: Bauer, Ludwig Amandus
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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Elftes Hauptstück.
die Sternkunde; er selbst aber trieb vor nämlich das un-
mittelbar Nützliche. Kein Projekt wurde ohne Prüfung
abgewicsen: mit dem Baumeister Schlüter, der ein per-
petuuin mobile erfinden wollte, schloß er sich ein, und
half ihm arbeiten. Ueberhaupt strebte er nach Wahr-
heit, ertrug sie auch, sobald er von der Wahrheitsliebe
dessen, der sie ihm sagte, überzeugt war: ungestraft zer-
riß Knjas Feodorv witsch Dolgoruckoi eine schon
vom Zaar Unterzeichnete Verordnung- weil er ihre Schäd-
lichkeit beweisen konnte. ,,Erlaube dir nie eine Lüge",
riechen zwei gut unterrichtete Männer dem jungen Ne-
pljujew, „so wird dich der Zaar nie verlassen." Diese
Worte fielen dem eben Genannten ein, als er zu spat
auf seinen Posten kam. „Ich bin schon hier, mein
Freund!" rief ihm Peter entgegen. „Ich bin schuldig,"
gab Nepljnjew zur Antwort; gestern war ich in Gesell-
schaft, wurde lang aufgehalten, und habe dann meine
Zeit verschlafen." Peter schlug rhu auf die Schulter,
mit den Worten: „Gott verzeihe es! wohl dir, daß du
die Wahrheit redest! wer sich nicht vor Gott versündigt,
der hat kein Weib zur Großmutter." Er selbst erschien
einst als Angeklagter vor dem rigaischen Magistrate, da
ein Bürger der Stadt einige Ländereien in Anspruch
nahm, die der Zaar als landesherrliches Gut an einen
Günstling verschenkt hatte. Peter wohnte der Verhand-
lung bei, trat während der Entscheidung ab, und küßte,
als das Urtheil gegen ihn ausfict, jedem der Richter
unter Lobsprüchen auf ihre Rechtlichkeit die Stirne: „ich
unterwerfe mich den Gesetzen, und nun wage es Nie-
mand , ihnen zu widerstreben!" Mit leidenschaftlichem
Eifer wollte er die ganze Nation kultiviren; nie aber
gelang es ihm, aus seiner eignen Seele den Stempel
der Barbarei zu tilgen. Was er that, war gesund,
kernhaft; aber auch seine besten Werke glichen einer Ge-
waltthat, und seine liebenswürdigsten Eigenschaften stan-
den auf dem Punkte, in Rohheit auszuarten. Er kannte
die Freundschaft, und war fähig, ihr ein Opfer zu brin-