1838 -
Stuttgart
: Belser
- Autor: Bauer, Ludwig Amandus
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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Siebenzehntes Hauptstück.
Von ähnlichen Rücksichten geleitet, unterhielt Ka-
tharina durch Grimm lebhafte Verbindung mit den pa-
riser Salons, wechselte Briefe mit Voltaire, lud den
verarmten Diderot an ihren Hof, empfieng ihn aufs
ausgezeichnetste, kaufte ihm seine Büchersammlung ab, be-
stimmte ihm als Bibliothekar derselben einen Gehalt,
und bat ihn, sie trotz des Verkaufs lebenslänglich ganz
als Eigenthum zu gebrauchen. In Deutschland hatte
damals der hannoversche Hofrath und Leibarzt Johann
Georg Zimmer ma nn, geboren 1728 zu Brugg im
Kanton Bern, einen großen, weitverbreiteten Ruf. Un-
erachtet er 4 Bände über die Einsamkeit schrieb, hieng
sein Herz an vornehmen Bekanntschaften. Katharina
forderte ihn auf, sie zu besuchen: er zögerte, wahrschein-
lich aus Besorgniß, sie werde ihn bei sich behalten, und
erwerbe dann nicht genug Muth haben, hohe Bedingungen
durchzusetzen. Hierauf deuten Briefe, die er, in der Ab-
sicht, daß Katharina sie zu Gesicht bekomme, an den
früher durch ihn empsvhlnen Hvfarzt Weikhard schrieb:
«Gottlob, daß die Kaiserin gesund ist! das freut mich
herzinniglich. Auch dieß zeigt ihr schönes Porträt, wel-
ches ich habe, und das ich (excusez!) schon oft Lust
hatte, zu küssen; aber noch habe ichs nicht wagen dür-
fen. O Gott! sagen Sie mir nicht mehr, wie glücklich
wir beide zusammen in Petersburg gelebt hätten, wie
brüderlich wir miteinander zur Kaiserin gegangen wären!
cela me fend le cœur!« Also er wäre gern in Peters-
burg gewesen. „Aber," sagt er ein andresmal, «ich bin
zu arm, um in der armen Schweiy von meinen Reve-
nüen zu leben; die Furcht vor dem Elende des Kriegs,
die Ueberzeugung, daß ich in Deutschland ein Bettler
werden müßte, stimmten mich äusscrst melancholisch." Uebri-
gens steht in einem frühern Briefe, daß er zu Hanno-
ver 1700 Reichsthaler Besoldung, und jährlich 4 bis
5000 Reichsthaler, meistens für Consultationen, einneh-
me. »C'est un homme cher,« äußerte daher Katharina,
die wohl merkte, woraus ers abgesehen habe. Nebenher