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1. Neueste Geschichte - S. 3

1859 - Leipzig : Fleischer
3 fand sich in großer Geldnoth. Die Kriege Ludwigs Xiv. und seine kost- baren Bauten hatten große Summen gekostet, und den Staat in Schulden gestürzt. Ludwig Xv. hatte noch schlechter gewirthschaftet, und mit vollen Händen die öffentlichen Gelder unter seine Günstlinge ausgetheilt. Sein Enkel Ludwig Xvi., der 1774 den Thron bestiegen hatte, war zwar ein höchst braver und gutmeinender Mann, aber es fehlte ihm an Erfahrung, Thätigkeit und Selbstvertrauen, und darum verließ er sich zu sehr auf das, was ihm die Minister sagten. Frei von allem Stolz, war er kein Freund von äußerlichem Prunke; aber so viele Ehre ihm dies auch machte, so ver- lor er dadurch das so nöthige Ansehen bei den Franzosen, welche ihren König nicht anders als in königlicher Majestät zu sehen gewohnt waren. Seine Gemahlin, Maria Antoinette, eine Tochter der Kaiserin Maria Theresia, war anfangs ihrer großen Liebenswürdigkeit wegen von den Fran- zosen angebetet worden; aber sie war vergnügungssüchtig, vermied zu wenig den bösen Schein, und das Volk glaubte den Verleumdungen, welche der Herzog von Orleans, ein Seitenverwandter der königlichen Familie, über sie ausstreute. Dieser Herzog war einer der bösesten Menschen, die je gelebt haben, und da die Königin ihm unverholen ihren Abscheu gezeigt hatte, so haßte er sie aus dem Grunde seines Herzens, und suchte sich dadurch an ihr zu rächen, daß er die schlechtesten Handlungen von ihr erzählte, die ihr zu thun nicht eingefallen waren. Dadurch verlor sie die Achtung und die Liebe ihrer Unterthanen.*) Ebenso wenig waren die Brüder des Königs, die Grafen von Provence und von Artois, beliebt. Jener war zwar ein Mann von gutem Herzen und richtigem Verstände, aber er hatte nicht die Gabe, zu glänzen, und das verlangten die Franzosen von ihrem Königs- stamme. Artois aber war schwelgerisch und lasterhaft, und trieb eine unsin- nige Verschwendung. Vor Allem aber erregte die große Schuldenlast der Regierung das Murren des Volks. Trotz der schweren Auslagen reichten die Staatsein- künfte doch nicht zu den Ausgaben hin, weil die zu zahlenden Interessen den größten Theil jener verschlangen, und der Hof — nicht der gute König, welcher der einfachste Mann am Hofe war — die. unsinnigste Verschwendung trieb. Der König, der zu glauben schien^ daß die Schuld nur am Finanz- minister liege, ernannte bald diesen, bald jenen zu dieser wichtigen Stelle; aber keiner konnte Rctth schaffen, und einer derselben (Calonne) vermehrte gar die Schuldenlast während seiner dreijährigen Verwaltung um 1000 Mil- *) Wie verhaßt die Königin war, zeigte sich bei der berüchtigten Halsband-Geschichte. Die Königin hatte den Ankauf eines kostbaren Halsschmuckes wegen seines hohen Preises zurüögewiesen. Nun hatte zu derselben Zeit der Cardinal Rohan die Gunst bei Hofe verloren. Eine Hofdame, die Gräfin Lamotte, wußte durch List, Gaukeleien und frechen Betrug (die Person der Königin wurde durch eine niedrige Weibsperson dargestellt) den Cardinal zum Ankauf des Schmuckes zu bewegen, um die verlorne Stellung bei Hofe wieder zu gewinnen. Während der bethörte Cardinal den Schmuck in den Händen der Königin glaubte, die von Allem nichts ahnte, hatte ihn die Lamotte in England bereits verkauft. Bald wurde die Betrügerin entdeckt und ein Proceß eröffnet. Das Volk aber glaubte die abenteuerlichsten Lügen über die Königin und befriedigte seinen Haß in der Beschimpfung ihrer Würde. I*
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