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1. Neueste Geschichte - S. 32

1859 - Leipzig : Fleischer
32 Todfeinde, und wenn wir die Verworfenheit dieser letzteren bedenken, so er- scheinen uns jene freilich als wohldenkende Männer, so wenig sie es auch waren. Manche von ihnen mochten indessen auch wirklich vor ihren eigenen Verbrechen Ekel empfinden, und vor dem Anblicke der scheußlichen Ausgeburten der Revolution zurückschaudern. Dies zeigte sich besonders bei dem Prozesse gegen den König. Die Jakobiner wünschten ihn ohne weiteres Urtheil zum Tode zu schleppen; die Girondisten aber widersetzten sich; sie hatten wohl seine Absetzung gewollt, aber seinen Tod wollten sie nicht. Die unglückliche königliche Familie war indessen im Gefängnisse durch alle Stufen der Erniedrigung geführt. Die Magistratspersonen und Offiziere, die im Tempel die Wache hatten, wetteiferten recht mit einander, den.könig zu schmähen und zu kränken. Er vertrieb sich die Zeit damit, seine beiden Kinder zu unterrichten; nicht einmal das Lesen der Zeitungen wurde ihm erlaubt. Man nahm ihm Papier, Tinte und Bleifedern weg, ließ ihn keinen Augenblick allein, und endlich wies man ihm ein abgesondertes Zimmer an; doch erlaubte man anfangs noch, daß er während des Essens mit den Sei- nigen zusammenkommen durste. Oesters hörten sie ein Geschrei unter ihren Fenstern, welches ihre Köpfe verlangte, und wirklich versuchte der wüthende Pöbel mehrmals in den Hof zu dringen, um das erlauchte Paar zu er- morden. Am 3. December 1792 beschloß der Convent, daß Ludwig verhört wer- den solle. Welche Gerechtigkeit! Dieselben Menschen, die ihn anklagten, wollten auch das Urtheil über ihn sprechen! Von dem Augenblicke an wur- den ihm und den Seinigen alle schneidende Werkzeuge, Messer und Scheeren, weggenommen, damit sie sich nicht selbst ums Ldben brächten. Am 11. De- cember wurde er zum ersten Male vor die Schranken des Convents geführt- Man hatte ihm nicht einmal Zeit gelassen, seinen Anzug und sein Haar zu ordnen. Bei seinem Eintritte in den Saal entstand ein tiefes Schweigen. Das Ungewöhnliche der Scene hatte Alle betroffen. Ein sonst mächtiger König stand mit dem Hute in der Hand vor den Schranken, während die, welche sonst vor ihm im Staube krochen, mit bedeckten Köpfen die Sitze An- nahmen. „Ludwig!" so redete ihn endlich der Präsident Barrere an, „die französische Nation klagt Sie an. Der Convent will, daß Sie durch ihn gerichtet werden. Man wird Ihnen jetzt das Verzeichniß Ihrer Verbrechen vorlesen. Nun können Sie sich setzen!" — Die Anklageacte war lang; er wurde darin als der größte Tyrann dargestellt, der das Blut seiner Unter- thanen vergossen, und unzählige Verbrechen begangen habe, und absichtlich waren die Klagepunkte so gestellt, daß er verwirrt werden sollte. Aber ge- rade das, was ihn demüthigen sollte, erhob seinen Geist. Sein von Ver- brechen reines Gewissen gab ihm eine große Kraft, so daß er mit einfacher Würde Klage für Klage mit einer Klarheit beantwortete, die selbst seine Feinde in Erstaunen setzte. Er wußte sich so bestimmt zu rechtfertigen, daß sie ihn hätten lossprechen müssen, wäre nicht schon vorher sein Tod beschlossen gewesen. Endlich brachte man ihn wieder in sein Gesängniß zurück; aber von dem Augenblicke an durfte er seine Familie nicht mehr sehen. Jetzt wollten die Jakobiner sogleich zu seiner Hinrichtung schreiten, und einer schlug unter dem lauten Gelächter der Cordeliers vor, ihn noch in
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