1859 -
Leipzig
: Fleischer
- Autor: Kurts, Friedrich, Nösselt, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Gelehrtenschule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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Todfeinde, und wenn wir die Verworfenheit dieser letzteren bedenken, so er-
scheinen uns jene freilich als wohldenkende Männer, so wenig sie es auch
waren. Manche von ihnen mochten indessen auch wirklich vor ihren eigenen
Verbrechen Ekel empfinden, und vor dem Anblicke der scheußlichen Ausgeburten
der Revolution zurückschaudern. Dies zeigte sich besonders bei dem Prozesse
gegen den König. Die Jakobiner wünschten ihn ohne weiteres Urtheil zum
Tode zu schleppen; die Girondisten aber widersetzten sich; sie hatten wohl
seine Absetzung gewollt, aber seinen Tod wollten sie nicht.
Die unglückliche königliche Familie war indessen im Gefängnisse durch
alle Stufen der Erniedrigung geführt. Die Magistratspersonen und Offiziere,
die im Tempel die Wache hatten, wetteiferten recht mit einander, den.könig
zu schmähen und zu kränken. Er vertrieb sich die Zeit damit, seine beiden
Kinder zu unterrichten; nicht einmal das Lesen der Zeitungen wurde ihm
erlaubt. Man nahm ihm Papier, Tinte und Bleifedern weg, ließ ihn keinen
Augenblick allein, und endlich wies man ihm ein abgesondertes Zimmer an;
doch erlaubte man anfangs noch, daß er während des Essens mit den Sei-
nigen zusammenkommen durste. Oesters hörten sie ein Geschrei unter ihren
Fenstern, welches ihre Köpfe verlangte, und wirklich versuchte der wüthende
Pöbel mehrmals in den Hof zu dringen, um das erlauchte Paar zu er-
morden.
Am 3. December 1792 beschloß der Convent, daß Ludwig verhört wer-
den solle. Welche Gerechtigkeit! Dieselben Menschen, die ihn anklagten,
wollten auch das Urtheil über ihn sprechen! Von dem Augenblicke an wur-
den ihm und den Seinigen alle schneidende Werkzeuge, Messer und Scheeren,
weggenommen, damit sie sich nicht selbst ums Ldben brächten. Am 11. De-
cember wurde er zum ersten Male vor die Schranken des Convents geführt-
Man hatte ihm nicht einmal Zeit gelassen, seinen Anzug und sein Haar zu
ordnen. Bei seinem Eintritte in den Saal entstand ein tiefes Schweigen.
Das Ungewöhnliche der Scene hatte Alle betroffen. Ein sonst mächtiger
König stand mit dem Hute in der Hand vor den Schranken, während die,
welche sonst vor ihm im Staube krochen, mit bedeckten Köpfen die Sitze An-
nahmen. „Ludwig!" so redete ihn endlich der Präsident Barrere an, „die
französische Nation klagt Sie an. Der Convent will, daß Sie durch ihn
gerichtet werden. Man wird Ihnen jetzt das Verzeichniß Ihrer Verbrechen
vorlesen. Nun können Sie sich setzen!" — Die Anklageacte war lang; er
wurde darin als der größte Tyrann dargestellt, der das Blut seiner Unter-
thanen vergossen, und unzählige Verbrechen begangen habe, und absichtlich
waren die Klagepunkte so gestellt, daß er verwirrt werden sollte. Aber ge-
rade das, was ihn demüthigen sollte, erhob seinen Geist. Sein von Ver-
brechen reines Gewissen gab ihm eine große Kraft, so daß er mit einfacher
Würde Klage für Klage mit einer Klarheit beantwortete, die selbst seine
Feinde in Erstaunen setzte. Er wußte sich so bestimmt zu rechtfertigen, daß
sie ihn hätten lossprechen müssen, wäre nicht schon vorher sein Tod beschlossen
gewesen. Endlich brachte man ihn wieder in sein Gesängniß zurück; aber
von dem Augenblicke an durfte er seine Familie nicht mehr sehen.
Jetzt wollten die Jakobiner sogleich zu seiner Hinrichtung schreiten, und
einer schlug unter dem lauten Gelächter der Cordeliers vor, ihn noch in