1859 -
Leipzig
: Fleischer
- Autor: Kurts, Friedrich, Nösselt, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Gelehrtenschule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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Salzburg, den Jnnkreis, Krain, einen Theil von Kärnthen, Triest, Istrien,
Croatien, Dalmatien und Westgalizien, von Ostgalizien einen Theil, der an
Rußland abgetreten wurde, überhaupt mehr als den 5. Theil seiner Besitzungen.
Die beiden erstern Provinzen kamen an Baiern, welches treu Frankreich bei-
gestanden hatte; aus den andern Abtretungen wurde ein neues Reich gebildet,
das Königreich Jllyrien; wer es erhalten sollte, wußte Napoleon selbst
noch nicht, und ließ es indeß für französische Rechnung verwalten. West-
galizien fiel an das Herzogthum Warschau. Auch mußte Oestreich Alles,
was Napoleon in Spanien, Portugal und Italien gethan hatte, gut heißen,
und aller Verbindung mit England entsagen.
Am meisten war zu beklagen, daß die treuen Tyroler aufgeopfert werden
mußten. Sie blieben unter baierscher Herrschaft, und ein Theil wurde zu
Würtemberg geschlagen, obgleich.kaiser Franz ihnen früher versprochen hatte,
keinen Frieden einzugehen, der sie von Oestreich trennen sollte. Schon hatten
sie sich den Feinden unterworfen; als sie aber erfuhren, daß sie dennoch auf-
geopfert werden sollten, griffen sie noch einmal zu den Waffen. Sie fielen
über die Franzosen und Baiern, die sich schon ganz sicher wähnten, her, und
verfolgten sie, die in den Thälern ziehen mußten, von den Bergen aus mit
ihren Stutzen, während die Weiber Steinblöcke und Baumstämme auf sie
herabstürzten. Andreas Hofer, Speck bache r, Capuziner Haspinger
und andere Landleute stellten sich wieder an die Spitze der Tapfern, und
binnen Kurzem waren die Feinde aus dem Lande geworfen. Hofer war ein
Mann von mäßigen Einsichten, aber voll des redlichsten Willens, und stand
beim Volke im größten Ansehen. Sein hoher, ansehnlicher Wuchs, sein
männliches Ansehen, sein langer, schwarzer Bart erweckten ihm das Ver-
trauen seiner Landsleute, und unbedingt leistete man seinen Befehlen Ge-
horsam. Aber nachdem der Friede in Wien unterzeichnet war, wandte sich
eine große Macht gegen das kleine Land. Die Tyroler wurden zurückgedrängt,
Thal für Thal erobert, und selbst Hofer rieth zur Unterwerfung. Leider ließ
sich der unbesonnene Mann verleiten, noch einmal die Tyroler aufzufordern, die
Waffen zu ergreifen. Schon hatten die Franzosen Allen Verzeihung versprochen;
nun aber wurde ein Preis auf seinen Kopf gesetzt. Noch hätte er fliehen
können; aber die Anhänglichkeit an sein Vaterland hielt ihn zurück. Lieber
verbarg er sich mit Weib und Kindern in einer einsamen Sennhütte auf einer
mit Schnee und Eis bedeckten Höhe, und nur Wenige kannten den Ort. Aber
ein falscher Freund verrieth ihn an die Franzosen. Mitten in der Nacht
klopften plötzlich im Januar 1810 französische Gensdarmen an seine Thüre.
Er trat ihnen ruhig entgegen, nannte seinen Namen, und bat nur, daß man
seiner Frau und seiner Kinder schonen möchte, was auch nachher geschehen ist.
Ihn selbst führte man gefangen fort. In allen tyrolischen Ortschaften lief
das Volk herbei, weinte und segnete ihn. Man brachte ihn nach Mantua.
Ein Kriegsgericht wurde niedergesetzt; die Mehrzahl der Richter sprach ihn
frei, aber der Vicekönig Eugen befahl, ihn zu erschießen. Als er zur Hin-
richtung abgeführt wurde, jammerten und heulten laut die dort gefangen sitzen-
den Tyroler; sie lagen vor ihren Kerkerthüren auf den Knieen, beteten für
ihn, und baten um seinen Segen. Als er auf dem Nichtplatze niederknieen
sollte, sprach er: „Ich stehe vor dem, der mich erschaffen hat, und stehend