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1. Neueste Geschichte - S. 189

1859 - Leipzig : Fleischer
189 erhoben jene jungen Leute einen solchen Lärm, daß der Redner schweigen mußte, und als ein dritter sich erhob, wurde auch er durch ein noch ärgeres Geschrei zum Schweigen gebracht. Dadurch wurde nun die neue Ernennung Chlopicki's zum Dictator bewirkt; aber man setzte ihm eine Commission zu seiner Beaufsichtigung zur Seite. Aber bald zeigte sich Chlopicki's gänzliche Unfähigkeit zur Regierung. Zuvörderst zog er sich den Unwillen der Meisten dadurch zu, daß er sich durchaus weigerte, die Bewohner der sonst zu Polen gehörigen, nachmals mit Rußland vereinigten Provinzen, namentlich Litthauens, zur Theilnahme am Aufstande auszurusen. Ferner gerieth er bei seinem herrischen und bar- schen Wesen bald mit allen Behörden in Streit, die ihm in vielen Fällen Gehorsam zu leisten sich weigerten, wodurch jedes Mal zwischen ihnen und ihm sehr heftige Scenen herbeigeführt wurden. Zuletzt verlangte die Be- aufsichtigungseommission geradezu, daß er sich mit dem Oberbefehl über das Heer begnügen solle, und da er sich dessen weigerte, so berathschlagte sich jene über seine völlige Entsetzung. Chlopicki, der jetzt zu seinem Schrecken be- merkte, daß er die Liebe selbst seiner ihm sonst so ergebenen Partei verloren habe, kam der Absetzung dadurch zuvor, daß er 18. Jan. 1831 seine Ent- lassung einreichte, worauf der Reichstag wieder zusammentrat. Die Er- bitterung des Volks gegen den sonst angebeteten Chlopicki war jetzt so groß, daß die Nationalgarde ihn nur mit Mühe vor Ermordung beschützen konnte. Schon 21. Jan. (1831) wurde auf den Antrag des Landboten Solthk der Beschluß gefaßt, daß das Haus Romanow über Polen zu regieren auf- gehört habe. Zugleich wurde eine neue Regierung, die aus 5 Männern (Czartoryski, Niemojowski, Morawski, Barzikowski und Lelewel) bestand, ein- gesetzt. Da man aber diese Fünfmänner ans allen Parteien genommen hatte, so fehlte es der neuen Regierung an aller Einheit und Einigkeit, und bald riß in allen Zweigen der Verwaltung eine gränzenlose Verwirrung ein. Das Einzige, was mit Kraft und Umsicht betrieben wurde, war die Organisation des Heeres; denn eine allgemeine Begeisterung hatte sich des Volks bemäch- tigt, und von allen Seiten drängte man sich zur Ergreifung der Waffen, so daß bald ein Heer von 64,000 Mann bereit stand, das aber bis zu 130,000 Mann vermehrt werden konnte. In Rußland hatte man die Nachricht vom Aufstande der Polen mit tiefem Unwillen vernommen, und das russische Heer betrachtete den bevor- stehenden Feldzug als einen Nationalkrieg. Zum Anführer hatte der Kaiser den Grafen Diebitsch-Sabalkanski ernannt. Ehe der Krieg begann, forderte Nikolaus die Polen noch einmal zur Unterwerfung auf, und versprach Verzeihung; da die Polen aber antworteten, daß Tod oder Freiheit ihr Wahlspruch sei, so rückten die Russen 5. und 6. Februar 183 l über die Gränze. An Chlopicki's Stelle war Fürst Michael Radziwill, ein edler, bescheidener, aber dieser Stellung nicht gewachsener Mann, zum Oberseld- herrn ernannt worden. Ihm stand Chlopicki, der den Krieg als Freiwilliger mitmachte, mit Rath und That zur Seite. Das polnische Heer erwartete die Russen unweit Praga, jener bekannten Vorstadt Warschau's am rechten Weichselufer. Nachdem diese alle Schwierigkeiten, die ihnen grundlose Wege
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