1859 -
Leipzig
: Fleischer
- Autor: Kurts, Friedrich, Nösselt, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Gelehrtenschule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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Weber und Spinner eine furchtbare Höhe erreicht hatte, Unruhen in den
Dörfern Langenbielau und Peterswaldau stattgefunden, zu deren
Unterdrückung die Waffengewalt nöthig wurde.
In diesem Jahre sprach der Abgeordnete Bassermann in Baden für
Bildung eines deutschen Parlamentes. Wäre die Stimme gehört worden
vor den Zeiten des Sturmes! Aber es wogte und wirrte in Deutschland und
der das Steuer führen sollte, der Bundestag, lag in dem Bann der Metter-
nich'schen Formeln. Manches Ereigniß erbitterte noch mehr. So der Bor-
fall in Leipzig am 12. Aug. 1845, als bei der Anwesenheit des Prinzen
Johann, wohl aus Ursache der kirchlichen Wirren, ein Auflauf entstand,
und plötzlich vom Militair Feuer gegeben wurde, wodurch mehrere ganz un-
betheiligte Menschen das Leben verloren. So weit war man in Deutschland
vorgeschritten, daß dergleichen Ereignisse nicht mehr von den zunächst Be-
theiligten allein, sondern von dem ganzen Volke empfunden wurden In
diesem Sinne wurde die Nation mächtig angeregt, als, wie weiter unten
(Abschnitt 142) erzählt ist, die Schleswig-Holsteiner für ihre Unabhängig-
keit sich gegen die dänischen Anmaßungen erhoben. Ans allen Gegenden er-
tönten Ermunterungen für die Brüder am Belt; selbst der Bundestag
nahm sich der für Deutschland so wichtigen Rechte der Herzogthümer an.
In diesen Jahren seit 1844 gingen in Preußen oft Gerüchte von der
bevorstehenden Verleihung einer Verfassung. Die Regierung hatte zwar die
liberalen Anträge der 1843 und 1845 abgehaltenen Provinzial-Landtage ab-
schläglich beschieden, allein der König führte seinen Willen aus, dem Lande
wenn auch nicht eine Constitution, so doch eine gemeinsame, ständische Landes-
vertretung zu verleihen. Am 3. Febr. 1847 erschien ein königliches Patent,
welches einen vereinigten Landtag nach Berlin berief. Er sollte aus
einer Herrencurie und einer Ständecurie (Ritterschaft, Städte, Bauern) be-
stehen. Am 12. April eröffnete der König mit einer inhaltschweren Rede die
Versammlung, welche darauf ihre Arbeiten begann. Das Land schaute mit
gespannter Aufmerksamkeit und Theilnahme auf diese Berathungen, welche
sich mit freimüthiger Treue über die dringendsten Bedüruisse der Verfassung
und der Verwaltung verbreiteten. Männer wie Vinke, Eamphausen, Becke-
rath, Hansemann, Graf Schwerin, Auerswald, Graf Dyhrn, Bardeleben
ernteten für ihre ebenso freisinnigen als patriotischen Bestrebungen reichen
Beifall. Bis zum 26. Juni war der Landtag versammelt, wo er vom
Minister Bodelschwingh geschlossen wurde. — Wenige Wochen darauf erregte
der Prozeß gegen die wegen des Aufstandes von 1846 verhafteten Polen die
Aufmerksamkeit. Er wurde öffentlich in Berlin verhandelt; 251 Angeklagte
traten vor die Richter, als der bedeutendste unter ihnen Ludwig von
Mieroslawski. Dieser und noch einige wurden zum Tode verurtheilt,
die Vollstreckung aber hinausgeschoben, so daß das Jahr 1848 die Gefange-
nen noch vorfand.