1859 -
Leipzig
: Fleischer
- Autor: Kurts, Friedrich, Nösselt, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Gelehrtenschule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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sichtigten, — die radicale Linke — zählte unter ihren schwärmerischen, wag-
halsigen und abstracte Theorien verfolgenden Mitgliedern talentvolle Männer
und gewandte Redner, wie Robert Blum, Voigt von Gießen, Simon
von Trier, Heinrich Simon u. 21 m. Von Allen anerkannt, von den
Meisten hochgeehrt, wirkte der edle Heinrich v. Gagern, geb. 1799.
Ebenso tüchtig im Staatsdienst, als von großer Gesinnung, hatte er sich
früher in der hessischen Kammer durch Freimuth ausgezeichnet. In der
Märzbewegung war er hessischer Minister-Präsident geworden; jetzt legte er
dieses Amt nieder, um alle Kräfte dem deutschen Gesammtvaterlande zu
widmen.
Wir können hier keinen Umriß der Verhandlungen des Parlaments beab-
sichtigen. Hunderte von Petitionen gingen ein; die wichtigsten Angelegenheiten
drängten einander, z. B. die Verhältnisse Böhmens, Posens und der Herzog-
thümer Schleswig-Holstein. Welch' ein Riesenwerk lag vor dieser Versamm-
lung! Von der Verfassung des Ganzen, vom Bundesoberhaupte herab bis zu
den speciellsten Einrichtungen des Verkehrs, sollte Deutschland neu gestaltet
werden. Die Versammlung fühlte bald, daß ihr eine Executiv-Gewalt zur
Seite stehen müsse, Rach langen und schweren Debatten erfolgte die Wahl
des Erzherzogs Johann von Oestreich zum Reichsverweser am 22. Juni.
Ein bedeutender Schritt zur Einheit Deutschlands schien gethan. Die Reise
des Erzherzogs glich einem Triumphzuge, sein Einzug in Frankfurt am
11. Juli wurde auf die würdigste und herzlichste Weise gefeiert. Er empfing
von dem damit sich schließenden Bundestage die von diesem besessenen Rechte,
und umgab sich sogleich mit einem der National-Versammlung verantwortlichen
Reichsministerium.
Indem die Berathungen nun fortgesetzt wurden, trat das feindliche Ver-
hältniß der Parteien immer schroffer hervor. Unverhüllt zeigten sich die
republikanischen Tendenzen der äußersten Linken; ihre Theorien und Grund-
sätze, oft durch glänzende Redner vertheidigt, bezweckten in ihren letzten Re-
sultaten nicht blos eine völlige Umgestaltung des Staatslebens, sondern aller
gesellschaftlichen Einrichtungen, Familienbande und Religion nicht ausgenom-
men. War diese Partei zu schwach, um bei den Abstimmungen zu entscheiden,
so wirkte sie doch hemmend und verwirrend in der Paulskirche; suchte aber
ihren Einfluß auf den Gang der Dinge durch den Anhang der Massen zu
stärken, deren Leidenschaften ihre wohlberechneten Vorschläge und schranken-
losen Reden schmeichelten. Ueber dem vielen Debattiren und Reden verging
die werthvolle Zeit mehrerer Monate. Das 2lnsehen des Parlamentes be-
gann zu sinken; ein großer Anstoß von Außen erschütterte es schwer und
nachwirkend.
Diesen Anstoß gab der Waffenstillstand von Malmoe, welchen Preußen
am 26. August mit Dänemark schloß. So energisch und glücklich, wie der
Krieg eröffnet worden war, wurde er nicht weiter geführt. Allerdings hin-
derte der Mangel einer deutschen Seemacht die Erfolge der Waffen, mehr
aber noch die diplomatische Einmischung des russischen und englischen Cabinets.
Wrangel war ohne offenkundige Ursache aus Jütland zurückgegangen; die
Siege der Deutschen bei Düppel, Holtrup, Gravenstein fruchteten nichts.
Der Krieg zog sich in die Länge; der Handel, namentlich der preußische Ost-