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1. Neueste Geschichte - S. 268

1859 - Leipzig : Fleischer
■ 268 indem sie alle Länder Oestreichs in einen untheilbaren Staat zusammen- faßte, die Unmöglichkeit des Eintritts Oestreichs in einen wirklich selbststän- digen deutschen Bundesstaat zeigte. Dies drängte zur Entscheidung. Mit raschem, unerwartetem Entschluß stellte der Abgeordnete Welcker am 12. März seinen berühmten Antrag auf sofortige Annahme der in der ersten Lesung vollendeten deutschen Verfassung im Ganzen, und auf Uebertragung der erb- lichen Kaiserwürde an den König von Preußen. Dieser Antrag fiel, 21. März, aber die Abstimmung über die einzelnen Theile der Verfassung geschah ohne Discussion, und die Reichsverfassung wurde in wenigen Sitzungen festgestellt, wobei allerdings die Linke das suspensive Veto des Kaisers und ein sehr demokratisches Wahlgesetz durchsetzte, was voraussichtlich die Annahme der Kaiserwürde erschweren konnte. Darauf fand am 28. März die Kaiserwahl statt. König Friedrich Wilhelm Iv. von Preußen wurde von 210 Stim- men der Volksvertreter zum Kaiser des deutschen Reiches berufen. Der Präsident Simson verkündete das Ergebniß der Abstimmung und schloß mit den Worten des großen deutschen Dichters: „Nicht dem Deutschen geziemt es, die fürchterliche Bewegung Ziellos fortzuleiten, zu schwanken hierhin und dorthin^ Dies ist unser; so laßt uns sprechen und fest es behalten." „Gott sei mit Deutschland und seinem neugewählten Kaiser!" Ein drei- maliges stürmisches Hoch erschallte in der Versammlung und auf den Gal- lerien. Das Volk harrte vor der Paulskirche der Entscheidung des großen Momentes. Als ihm die Verkündigung geschah, brach stürmischer Jubel aus, Kanonendonner und Glockengeläute durchtönte die Luft; das neue mächtige Deutschland wollte den Beginn seiner Auferstehung feiern. Eine Deputation von 24 Mitgliedern, an ihrer Spitze der Präsident Simson (aus Königsberg), wurde zur Ueberbringung der inhaltschweren Botschaft ernannt. Festlich auf der ganzen Reise empfangen, langte sie am 2. April in Berlin an. Der Bahnzug war mit Laubgewinden, Kränzen und Fahnen geschmückt, Tausende von Menschen begrüßten sie und Abgeordnete des Magistrats von Berlin und der preußischen Kammern hießen die Boten des deutschen Volkes willkommen. Die Spannung °war groß und allgemein; die zweite Kammer hatte in einer Adresse den Wunsch der Volksvertretung ausgesprochen, daß der König der Wahl sich nicht entziehen möge. Am fol- genden Tage, 3. April, war der Empfang der Deputation im Rittersaale des königl. Schlosses. Der König, umgeben von den Prinzen und dem Ministerium, nahm die Anrede und Botschaft des Präsidenten Simson ent- gegen. Er erwiderte: „Ich ehre das Vertrauen der deutschen National- Versammlung, aber ohne das freie Einverständniß der gekrönten Häupter, der Fürsten und freien Städte Deutschlands will ich die Entschließung nicht fassen." Die Entscheidung war gefallen; Viele im deutschen Volke trauerten bei der Kunde, ahnend, was nun über das verworrene Vaterland herein- brechen würde. Die Deputation nahm die königliche Antwort als Ablehnung auf, und reiste nach Frankfurt zurück. Das Ministerium forderte in einer Rote die deutschen Regierungen zu einer Erklärung auf. Run erklärten bis zum 14. April 28 deutsche Regierungen, daß sie die Verfassung des Parla- mentes und die geschehene Kaiserwahl annähmen. Sie wurden durch die
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