1861 -
Berlin
: Gaertner
- Autor: Lange, Otto
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Bildungsanstalt
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): Jungen
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§. 105. Cultur Deutschlands seit der Reformation.
Der von Maximilian I. gegebene Landfriede trug zwar zur Ausrottung
des Faustrechts bei, konnte jedoch dasselbe nicht ganz tilgen. Noch zu
Luthers Zeiten trieben die Ritter, bald als Räuber, bald als Beschützer
der Unterdrückten ihr Wesen (Georg von Frundsberg, Franz von
Sickingen, Götz von Berlichingen). Später wurde das deutsche Fuß-
volk unter dem Namen der Landsknechte berühmt. Die Vehmgerichte
hörten allmälich aus und Manufakturen singen an zu blühen. Auch
wurde das Studium der Wissenschaften durch gelehrte Männer (Reuchlin,
Keppler, Seb. Frank) und durch Gründung neuer Universitäten ge-
fördert. Albrecht Dürer und Holbein brachten die Malerei zu hohem
Flor. Merkwürdig ist aber der Aufwand, den Fürsten und reiche
Bürger bei festlichen Gelegenheiten, im Essen und Trinken trieben
(Fugger und Welser). Nach dem dreißigjährigen Kriege sank der
Handel, die Hansa löste sich völlig auf, und Deutschlands Verkehr und
Gewerbe traten hinter die Niederlande und England zurück. Aus den
freien Reichsstädten wurden fürstliche Residenzen und die schöne Cultur
der Reformationszeit ging unter. Schlimmer als dieses äußere Unheil
war, daß durch den Krieg die alte Zucht unterging und daß nament-
lich Frankreich auf deutsche Sprache, Kunst, Wissenschaft und Sitte
einen nachtheiligen Einfluß ausübte. Das religiöse und kirchliche Leben
aber verlor ganz und gar seine innere Glaubenswärme und machte
einer rechthaberischen Streitsucht Platz, welche der protestantischen, jetzt
frei gewordenen Kirche in hohem Grade schadete.
§. 106. Die Türken vor Wien. Ferdinands Iii. zweiter
Sohn Leopold L., 1058—1705, wurde nach einem Interregnum
von fünfzehn Monaten zum Kaiser erwähllt. Unter seiner Regierung
versank das deutsche Reich immer tiefer und litt an inneren Unruhen
und unter fortdauernden Kriegen. Zu den erstem gehörten die Zwistig-
keiten, welche in Folge der vom Kaiser errichteten neunten Kur-
würde (1692), die der Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel erhielt,
entstanden; zu den letzteren die Kriege mit den Türken. Es waren
nämlich schon seit längerer Zeit die Ungarn von der kaiserlichen Re-
gierung vielfach gedrückt worden, und in Folge dessen hatten sie ver-
sucht, sich von Oestreich loszumachen und wieder ein unabhängiges
Volk zu werden. Sie empörten sich unter dem Grafen Tökelh, der
bei dem türkischen Sultan Muhamed Iv. Schutz fand, von ihm zum
Könige von Ungarn erklärt und mit einem gewaltigen türkischen Heere
unter Anführung des Großvesirs Kara Mustapha unterstützt wurde.
Die Türken"drangen bis Wien vor, der kaiserliche Hof flüchtete sich
nach Linz, und die Hauptstadt schien verloren. Der tapfere und ent-
schlossene Rüdiger von Stahreniberg vertheidigte Wien 60 Tage
lang; da eilte der polnische Heldenkönig Johann Sobiesky her-
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