1. Bd. 2
- S. 31
1838 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Rotteck, Karl von
- Auflagennummer (WdK): 13
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
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Zweites Kap. Geschichte der Griechen.
uiib _ nací) kurzem Wiederaufleben — die vollendete Erdrückung des
griechischen Volkes (*). Die beiden tezteren Perioden sind der Gegen-
stand der folgenden Erzählung.
tz. 4. Wichtigkeit der Perserkriege.
Wir haben oben (S. 20 ff.) die Hanptnrsachen sowohl, als die
näheren Anlässedes großen griechisch-persischen Krieges erklärt.
Dieser Krieg ist an sich selbst und an seinen Folgen vom höchsten welt-
historischen Interesse. Es gibt keinen erhebenderen Anblick, als den eines
Volkes, das für seine Freiheit gegen. ungerechte Uebermacht mit dem
Mnthe der Verzweiflung kämpft. Ein solches streitet nicht allein für
sich, sondern für alle andern, welche in späteren Zeiten, von gleicher
Gefahr bedränt, aus seinem Beispiele Stärkung oder feige Ergebung
schöpfen.
Niemals, im ganzen Laufe der Geschichte, wurde mit höherer Be-
geisterung und glorreicher gekämpft, und niemals war an die Ent-
scheidung eine so unermeßliche Folgenreihe geknüpft. Hätten die Perser
gesiegt, so wäre die Blüthe der griechischen Kultur in ihrem ersten
Entfalten zerknickt, und ans dem unermeßlichen Perserreich entweder
ein Schanplaz fortwährenden babarischen Getümmels, oder — wenn
es hoch kam ■— ein westliches Sina geworden. Alsdann hätte kein
Phidias und kein Prariteles den Marmor beseelt, kein Pindar
hätte durch hohe Gesänge entzückt, kein Euri pides süße Thränen
entlockt. Kein Herodot, kein Te nophon hätte mit fcrntönender
Stimme große Thaten verkündet, kein Plato, kein Aristoteles
hätte Schäze der Weisheit gegraben, kein Sokrates, kein Epami-
nondas durch hohe Tugend geglänzt. Die schönsten Vorbilder freier
Verfassungen wären, bevor sie Früchte trugen, von der Erde ver-
schwunden, und der wilde Römer — wäre er anfgekommen gegen
die Persermacht — hätte keine Sänftigung durch der Muse Lied erhal-
ten. Wohl hätte er dann die Erde erobern, aber nicht civilisiren mögen,
und — es wäre denn, daß ein freundliches Geschick ans einem ganz
(*) Eine mehr in die Augen springende Eintheilung würde es vielleicht
seyn, wenn wir die Errichtung der Freistaaten und dann die Schlacht
bei Chäronäa als Grenzmarken der Perioden annähmen. Allein jene fällt
in eine dunkle und bei vielen Staaten unbestimmte Zeit, und die Machtver-
hällniffe Griechenlands nach Außen wurden dadurch unmittelbar nur wenig
verändert. Die Schlacht bei Chäronäa aber, .welche die Selbstständigkeit
der Griechen endigte, war die Folge jener von Mantinea, als welche durch
Aufhebung jedes Primats in Griechenland das lezte oder doch wirksamste Na-
tionalband entzwei geriffen und die Unterjochung der Griechen unvermeidlich
gemacht hatte. Die Blüthe des achèii schen und atolischen Bundes aber
war weder andauernd noch fruchtbringend genug, um daraus eine eigene Pe-
riode zu machen.