1. Bd. 2
- S. 67
1838 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Rotteck, Karl von
- Auflagennummer (WdK): 13
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
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Drittes Kap. Makedonische Geschichte.
früher den Strymon zwischen diesem und Thracien) gesondert sind.
Die Beschaffenheit des Bodens ist großentheils jener des griechischen
ähnlich, nur daß derselbe, als näher dem Hauptgebirge, nach einem
größeren Maßstabe gezeichnet erscheint. Viele Bergreihcn, fast alle vom
Hämns ausgehend, wie der Rhodope und der goldreiche Pan-
g äus, durchziehen das Land, und enden sich in Vorgebirge, welche
meist mit den kleinasiatischen Vorgebirgen, theils unmittelbar über
die Meerenge, theils mittelst dazwischen liegender Inselgruppen in
Verbindung stehen. Dieses und überhaupt die Betrachtung der hier gegen
das ägäische Meer so vielfältig ausgezackten Küsten giebt zu den interes-
santesten gcognoftischen Vermuthungen Anlaß (siehe B. I. S. 150.).
Vier große Busen macht das Meer in Makedonien ; eben so viele, sammt
zwei berühmten Meerengen, sind an der thracischcn Küste; große Halb-
inseln, wie die des berüchtigten Berges Athos und der thracische
Chersones vermehrten die Mannigfaltigkeiten der Lagen und die Be-
quemlichkeit der Ansiedelung. Auch war Thracien schon sehr frühe bevöl-
kert, und inmacedonien schwärmten, als Karanus, ein Heraklide, von
Argos herkommend, dahin zog, und in Edeffa sich festsezte (3170),
gegen 150 Horden umher. Ohne Zweifel stammten die ältesten Bewoh-
ner — man unterscheidet bei ihnen den illyrischen und den thracischcn
Stamm — ans Kleinasien; aber nachmals haben auch die (jüngeren)
Griechen eine Menge Kolonien daselbst angelegt, deren vorzüglichste
schon oben (B. I. S. i69.) genannt worden. Auch im inneren Lande
wurden später von Karanus Nachfolgern viele Städte gebaut und ihre
Anzahl unter der römischen Herrschaft noch bedeutend vermehrt.
Die älteste Geschichte dieser Länder ist dunkel und wenig inte-
ressant. Die Kultur, welche sehr frühe hier gedämmert — Orpheus
war aus Thracien — verlor sich wieder, und Jahrhunderte lang
herrschte völlige Barbarei. Inmacedonien hatten die Eroberungen des
Karanus die Grundlage eines Reiches gebildet, welches schon durch P e r-
diccas, seinen Urenkel (3271), ansehnlich vergrößert wurde, und —
bis zur römischen Herrschaft— 650 Jahre dauerte. Dariushyst as-
p is unterwarf sich Maccdouien und Thracien auf seinem scythischen
Zuge. Beide Länder mußten durch ihre streitbare Mannschaft Terres
Heer verstärken ; beide wurden wieder frei durch die Siege der Griechen.
Perdiccasll. (3548) erwehrte sich mit Noth der Odrysier in Thra-
cien, und nahm auf kluge Weise Antheil am pelopouuesischen Kriege ge-
gen Athen. An Archelaus Hofe (3571) wurden Enripides Tragö-
dien gespielt. Das Land erwachte aus der Barbarei; Heerstraßen wur-
den angelegt, der Ackerbau blühte. Aber später wütheten langwierige
innerliche Kriege, besonders unter den Söhnen des Amyntas Ii.
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