1. Bd. 2
- S. 144
1838 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Rotteck, Karl von
- Auflagennummer (WdK): 13
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
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Viertes Kap. Römische Geschichte.
fen, zugleich von sanften Sitten und freundlichem Gemüthe, überle-
genen Geistes und wie geboren zur Volker-Beherrschung, aber noch
größer durch Beherrschung seiner selbst, voll Liebe zur Wissenschaft
und zu allem Guten, einer der vortrefflichsten Menschen, gab durch
das einzige Gewicht seiner Größe, das er in Roms Wagschale legte,
den Ansschlag. Die bewunderungswürdige Eroberung Neukartha-
go's an einem Tage gründete der Römer Herrschaft in Spanien;
viele Siege erweiterten, und die freiwillige Unterwerfung der Völ-
ker, durch die Verehrung für Scipio's Tugenden bewirkt, befestigte
sie. Vollständig in bcnt karthagischen Theile von Spanien wurde sie
gemacht durch Hasdrnbal's sezt endlich ins Werk gerichteten Zug
nach Italien.
tz. 27. Hasdrubal geschlagen.
Von diesem Zuge hing das Schicksal Hannibal's und daher Kar-
thago's ab. Der Sieger bei Cannä hatte seither, aus Mangel an
Untcrstüzung, sich auf den Vertheidigungskrieg beschränkt. Ungeachtet
er die ihn drängenden Römer noch in vielen Treffen schlug (in einem
derselben blieb der tapfere Marcellus); so wurde doch auch Er öfters
geschlagen, und zusehends sank sein Glück. Eapna und Tarent
gingen verloren, und ohne Erfolg führte Hannibat sein Heer vor
Rom. Aber als Hasdrubal mit großer Macht über die Alpen stieg,
erneuerte sich der Schrecken. Der Consul Livins Salinator zog
ihm entgegen; sein Kollege Claudius Nero stand in Apulien ge-
gen Hannibat. Plöztich und diesem unbemerkt führte er sein Heer in
Eilmärschen nach Oberitalien, vereinte sich mit Liv ius, und zwang
Hasdrubal bei Sena am Metaurus zur Schlacht (3777. 206
v. Ehr.). Sie war schrecklich, eine Schlacht der Vertilgung. Has-
drnbal, nachdem er sedc Pflicht des Feldherrn und des gemeinen
Streiters erfüllt, aber die Niederlage der Seinen gesehen hatte, starb,
als würdiger Sohn Hamitkar's und Hannibal's Bruder. Sein Haupt
wurde, wie Livius erzählt, in Hannibal's Lager geschleudert; und wohl
mochte diesem bei solchem Anblicke eine innere Stimme weissagend Kar-
thago's Unglück verkünden, wenn er auch — wie wir ihm gewiß Zu-
trauen können — zu klug war, durch laute Klagen den Muth des
Heeres zu tödten.
Von Dem an zog sich Hannibat nach Bruttien, in den äußer-
sten Winket Italiens, zurück, und schreckte Rom mehr nur durch sei-
nen Namen, als durch seine Macht. Ein neues Hilfsheer unter Mago
rückte heran, und wurde geschlagen (3778. 205 v. Ehr.). Der itali-
sche Krieg blieb sezt Nebensache.